: Hintze schwärzt Schröder bei den Ossis an
■ Vor der Wahl in Sachsen-Anhalt stellt die CDU den SPD-Star als Gegner der deutschen Einheit dar. Ministerpräsident Vogel: „Er war nie in Thüringen“
Berlin (taz) – Im jüngsten Akt seiner Wahlkampfinszenierung setzt CDU-Generalregisseur Peter Hintze darauf, den SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder als Gegner der deutschen Einheit darzustellen. Nachdem Hintzes „Wahlkampf an den Tankstellen“ zur Benzinpreisforderung der Grünen auf zunehmende Kritik in den eigenen Reihen gestoßen war, konzentrierte er gestern seine Angriffe auf die Sozialdemokraten. In der bisher persönlichsten Attacke der CDU gegen den SPD-Kandidaten zog Hintze Schröders politische Integrität in Zweifel. Dem Niedersachsen „fehlt die moralische Rechtfertigung, sich für die Kanzlerschaft im vereinten Deutschland zu bewerben“, heißt es in einem Papier Hintzes, das die CDU in Berlin vorstellte. In der „historischen Stunde“ der Wiedervereinigung habe Schröder „kläglich agiert“, indem er wie der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine im Bundesrat gegen den Vertrag zur Währungsunion zwischen BRD und DDR gestimmt habe. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sagte der taz, Schröder habe damit den Ostdeutschen die innerdeutsche Solidarität versagt. Ein weiteres „Faktum ist, daß ich mich nicht erinnern kann, Gerhard Schröder in den letzten sechs Jahren in Thüringen gesehen zu haben“.
Vor allem im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl in Sachsen-Anhalt zielt die Strategie des Konrad-Adenauer- Hauses offenbar darauf ab, die SPD als unwählbar erscheinen zu lassen. Anders als bei der Rote-Socken-Kampagne von 1994 legte Hintze noch keine Plakatversion der Angriffe vor. Einen Vorgeschmack auf weitere Attacken gibt das Papier bereits mit seiner Aufstellung von Schröder-Zitaten aus den Jahren 1979 bis 1990, die ihn als Marxisten und Honecker-Freund diffamieren sollen.
Den persönlichen Angriff auf Schröder verbindet die CDU mit Warnungen vor einer „Bündnisstrategie der Linken“. Die Grünen und die SPD würden im Zweifel auch die PDS an der Regierung beteiligen. Dies sei eine „eiskalte Kalkulation“, die Schröder bewußt verschweige. „Er will dem Wähler nicht die Wahrheit sagen“, erklärte Hintze.
Eine eigens von der CDU in Auftrag gegebene Studie suggeriert, die PDS mache sich gezielt „Aufweichungstendenzen am linken Rand“ von Grünen und SPD zunutze. Als Beleg für eine Zusammenarbeit der drei Parteien wird die Erfurter Erklärung von 1997 angeführt, in der ein Bündnis linker Schriftsteller, Theologen und Gewerkschafter die SPD, Grüne und PDS zur Zusammenarbeit aufgefordert hatten. „Wenn führende Sozialdemokraten keinerlei Scheu zeigen, die Erfurter Erklärung zu unterschreiben, dann ist man von einem formalen Koalitionsangebot nicht mehr weit entfernt.“ Patrik Schwarz
Interview Seite 6
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