piwik no script img

Fast nur Flops bei Expo-Bewerbung

■ Fast sämtliche Großprojekte werden nicht pünktlich fertig / Expo-Jury lehnt neue Bewerbungen zu großen Teilen ab / Rhodarium wurde wegen wissenschaftlicher Mängel zurückgezogen

Die Expo 2000 kommt ins Rollen. In Hannover sind gestern die ersten Verträge mit sechs Nationen unterzeichnet worden. Weitere 20 Abschlüsse sind unterschriftsreif, hieß es aus der Planungszentrale. Ganz anders sieht es dagegen in Bremen aus. Die Expo-Bilanz der Hansestadt bei der aktuellen zweiten Jury-Runde fällt dürftig aus, der angekündigte Absprung ins nächste Jahrtausend gerät zur Rolle rückwärts. Gesichert sind bisher nur fünf Projekte. Alle anderen wurden entweder abgelehnt, vorab zurückgezogen oder werden nicht pünktlich fertig.

Zu den fünf Projekten, die jetzt von der Expo-Jury das Gütesiegel bekamen, gehört ein Verfahren zur Analyse von genetisch veränderten Lebensmitteln. Das gleiche gilt für das Projekt „Frauen schaffen Zukunft“, ein Existenzgründerinnenprogramm aus der Neustadt, und für das „Netzwerk seelische Gesundheit“. Dabei geht es um die klinische und ambulante Verflechtung in der Psychiatrie. Bereits registriert ist die Präsentation „Zeiten der Stadt“, in der Modelle für städtisches Zeitmanagement entwickelt werden. Hinzu kommt der Umbau der Schlachte für 39 Millionen Mark. Er ist unter dem Namen „Stadt am Fluß“angemeldet.

Bei den groß angepriesenen Bremer Hauptprojekten in der Expo-Planung, „Der blaue Planet“aus dem Ocean-Park und „Die Welt im All“aus dem Space-Park, fehlen zur Zeit 900 Millionen Mark. Investor Jürgen Köllmann hat die Frist, um sein Finanzkonzept vorzulegen, erneut verlängert. Es fehlen Geldgeber. Laut Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller ist eine Realisierung bis zur Expo unmöglich.

Ebenfalls zu den Hauptprojekten, die Bremen bereits im vergangenen Jahr eingereicht hatte und die registriert wurden, zählt die geplante Ausstellung „Auswanderung über Bremen und Bremerhaven“. Aus einer Senatsvorlage vom Februar geht hervor, daß eine Umsetzung wegen der ökonomischen Gegebenheiten nicht möglich erscheint. Im Klartext: Ohne Ocean-Park zieht die Ausstellung keinen Touristen in die Seestadt.

Fraglich ist auch die pünktliche Umsetzung des „Universums“. Für 68 Millionen Mark sollen an der Uni ein Gästehaus und eine Tagungsstätte entstehen. Integriert werden soll eine Ausstellungsfläche, in der wissenschaftliche Meilensteine „populär dargestellt werden“, so Uni-Kanzler Gerd-Rüdiger Kück. Auch hier das alte Problem: Es hapert an einem tragfähigen Finanzkonzept. Zudem sieht die Wirtschaftsbehörde noch Verhandlungsbedarf, da das Land einen Teil der Kosten tragen soll. Dazu Kück: „Die Entscheidung muß jetzt sehr bald fallen, sonst wird das nichts mehr bis zur Expo.“

Auch beim Projekt Packhaus gibt es laut Senatssprecher Klaus Sondergeld Probleme mit der pünktlichen Fertigstellung. Ursprünglich sollte zur Weltausstellung im Schnoor ein altes Packhaus als Museum ausgebaut werden.

Beim 42 Millionen Mark teuren Rhodarium im Rhododendron-Park scheitert die Expo-Registrierung nicht am Geld. Der wissenschaftliche Anteil ist zu gering. Nach Angaben des Bremer Expo-Projektleiters Peter Frenz hat die Jury bereits im Vorfeld ihre Ablehnung signalisiert. Damit konnte man das Projekt erstmal zurückziehen, um es eventuell im kommenden Jahr neu einzureichen.

Projektleiter Frenz ist über diese Entwicklung „nicht sehr glücklich“. Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Helga Trüpel bezeichnet das Ergebnis sogar als „klägliche Bilanz“, die Bremen allein für Marketingmaßnahmen 3,85 Millionen Mark kostet. Hinzu kommen Personalkosten, die sich nicht exakt beziffern lassen, da der Etat teilweise bei der Hanseatischen Veranstaltungs-Gesellschaft und teilweise bei der Bremer Tourismus-Zentrale angesiedelt ist. Zusätzlich kann von einer Standortverbesserung durch die Expo-2000-Beteiligung nicht gesprochen werden. „Dabei wollte Bremen dem Expo-Anspruch gerecht werden, in wichtigen Fachgebieten einen Weg ins nächste Jahrtausend zu weisen oder sich als Wissenschaftsstandort zu etablieren“, so Trüpel. „Das hat die große Koalition verschlafen.“ Jens Jens Tittmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen