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Die Samstagabendsuppe Von Wiglaf Droste

Besonders geeignet ist die Samstagabendsuppe, um nach einer großen Anstrengung verzehrt zu werden. Z.B. im Anschluß an eine Ursuppe, also eine mittlere Hausgeburt. Nach sechs bis acht Stunden heftiger Viecherei liegt die junge Frau, die eben zur Mutter mutiert ist, matt, aber glücklich in den Kissen, das Kind an die milchmächtige Brust gelegt. Auch die Hebamme, der junge Vater und die beste Freundin der Gebärenden hängen erledigt im Gestühl. Die Euphorie über den Eigenbeitrag zur Überbevölkerung wird durch körperliche und geistige Erschöpfung gedämpft. Hier hilft die in weiser Voraussicht schon tags zuvor gekochte Suppe: Ein, zwei Teller gespachtelt und dazu ein paar Gläser Champagner weggegluckert, und schon ist die junge Mutter wieder auf dem kurz zuvor von der Hebamme durchtrennten Damm.

Sollte aber gerade keine Hausgeburt zur Hand sein, ist auch jeder andere Kraftakt – wie etwa ein heftiges Gelage zu viert oder zu sechst – Anlaß genug, die Samstagabendsuppe zu kochen. Sie brauchen

1 großen Kochbottich (auch Pol Pott genannt)

4 Kalbsschnitzel

2 Gemüsezwiebeln

3 rote Paprika

3 gelbe Paprika

1 Schlangengurke

1 Glas Gewürzgurken

3–4 Liter Gemüsebrühe

1/2 Liter Schlagsahne

Estragonessig

Estragon (5–10 Gramm).

Die kleingeschnittenen Zutaten nacheinander in den Topf werfen und in Butter oder Öl anbraten. Mit Salz und schwarzem Pfeffer würzen und auf kleiner Flamme dünsten. Den Topf zu drei Vierteln mit Gemüsebrühe auffüllen. Einige Eßlöffel Estragonessig unterrühren. Die Schlagsahne dazugießen. Mit Estragon bestreuen, umrühren und ordentlich blubbern lassen. In vorgewärmten tiefen Tellern servieren.

Besonders erfreulich aber ist, daß man die Suppe anderntags auch kalt essen kann. Sie ist dann nicht nur ebenso schmackhaft wie in heißem Zustand, sondern auch extrem wohltuend; routinierte Katerfrühstücker werden mein Entzücken teilen und verstehen. Für die belebende Wirkung der Suppe gibt es vier gute Gründe:

Essig und Gewürzgurken machen die Suppe nicht nur pikant, sondern helfen auch der Magensäure auf die müden Füßchen bzw. gleichen einen Mangel an Magensäure aus.

Fleisch und Brühe bringen die beim Trinken bzw. beim Abbau des Getrunkenen verbrauchten Mineralien zurück. (Alkohol ist ein großer Mineraliendieb.)

Das wegen vorsichtigen Kochens nicht ausgelaugte Gemüse gibt Ihrem vom Alkoholabusus gemergelten Leib einen kräftigen Vitaminstubs.

Die Sahne macht die Suppe gehaltvoll, was Ihnen nach dem gierigen Verschlingen am Morgen ein schönes Sättigungsgefühl gibt. So müssen Sie nicht, vom Kater aufgepeitscht, sinnlos durch die Wohnung strunkeln, sondern legen sich, statt sowieso wieder nur Unheil anzurichten, schön zurück ins Bett, schlafen entspannt Ihren Restrausch aus und träumen davon, wie Sie in der warmen, embryonal- mutterbauchigen Ursuppe herumschwappen – woran zum Glück kein weltfremdes Roman Herzogsches Moralgekäse vom „Ruck“ etwas ändern kann, denn wer schwappt, der ruckt nicht.

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