Kongos Präsident in bester Verfassung

Eine Kommission der Demokratischen Republik Kongo legt einen Entwurf für ein Präsidialsystem vor. Forderungen der Opposition gegen den ehemaligen zairischen Diktator Mobutu werden nicht aufgenommen  ■ Von Dominic Johnson

London (taz) – Auf dem Tisch des kongolesischen Präsidenten Laurent-Désiré Kabila liegt seit einigen Tagen ein Verfassungsentwurf, der das Herz des Staatschefs höher schlagen lassen wird. Das 254 Paragraphen lange Dokument, das die von Kabila im vergangenen Oktober eingesetzte Verfassungskommission zu Wochenbeginn fertigstellte, schlägt für die Demokratische Republik Kongo ein politisches System vor, in dem die Macht in den Händen des Präsidenten konzentriert wird.

Der Entwurf ist das Ergebnis von sechsmonatigen Beratungen der 42köpfigen Kommission hinter verschlossenen Türen, geleitet von Anicet Kashamura, einem Veteran der Unabhängigkeitsbewegung der frühen 60er Jahre unter dem kongolesischen Befreiungshelden Patrice Lumumba. Er ist der erste konkrete Schritt in der zweijährigen Übergangsphase zur Demokratie, die Kabila nach seinem Sieg über Mobutu im Mai 1997 verkündet hatte. Der Entwurf soll nun, vorbehaltlich seiner Billigung durch Kabila, einer verfassungsgebenden Versammlung vorgelegt werden, die ihn dann bis Jahresende durch Volksabstimmung bestätigen lassen soll.

Der Verfassungsentwurf gibt dem ehemaligen Zaire ein Präsidialsystem nach US-Muster, mit einem gemeinsam gewählten Präsidenten und Vizepräsidenten. Der Präsident hat die exekutive Vollmacht, wie in den USA, und kann einmal wiedergewählt werden. Ferner gibt es ein gewähltes Parlament aus zwei Kammern und ein Mehrparteiensystem.

Die starke Stellung des Präsidenten widerspricht früheren Demokratievorstellungen der Opposition gegen den ehemaligen zairischen Diktator Mobutu. Sie forderte vor allem einen vom Parlament abhängigen Premierminister, der die Regierungsgeschäfte führt. Ein Premierminister kommt in dem neuen Modell hingegen gar nicht vor. Dies entspricht der bisherigen Zentralisierung der Macht in Kabilas einstiger Rebellenbewegung AFDL (Allianz Demokratischer Kräfte für die Befreiung des Kongo), die von vielen ehemaligen Mobutu-Gegnern heute abgelehnt wird.

Die zentralistische Tendenz des neuen Verfassungstextes wird auch dadurch betont, daß der Kongo zum „Einheitsstaat“ erklärt wird und nicht zum Bundesstaat. Die elf Provinzen plus die Hauptstadt Kinshasa erhalten lediglich gewählte Gouverneure und eine gewisse Finanzautonomie. Auch dies steht im Gegensatz zu weitverbreiteten früheren Vorstellungen unter kongolesischen Politikern, das riesige und mangels funktionierender Verkehrswege kaum zusammenhängende Land stärker zu dezentralisieren.

Nach Angaben des Kommissionschefs Kashamura war diese Frage in der Kommission heiß umstritten, ebenso wie offenbar deutliche Bezüge auf die alten kongolesischen Freiheitshelden wie Lumumba, auf die sich Kabila gerne bezieht. Kashamura sagte der kongolesischen Nachrichtenagentur ACP, die Anlehnung an Lumumba sei der Kommission „aufgesetzt“ worden.

Unklar ist, wieviel Pluralismus die Verfassung in der Realität garantiert. Mehrere ausländische Nachrichtenagenturen meldeten unter Berufung auf ungenannte Mitglieder der Verfassungskommission, es sei eine Liste von 248 Politikern erstellt worden, denen die bürgerlichen Rechte aberkannt worden seien, so daß sie bei der Präsidentschaftswahl nicht kandidieren können. Auf der Liste befände sich Kabilas prominentester Gegner Etienne Tshisekedi sowie mehrere andere Parteiführer. Der Vizechef der Kommission, Delphin Banza, dementierte diese Berichte am Mittwoch und sagte, zum Zeitpunkt der Übergabe des Verfassungsentwurfs an Kabila habe es eine solche Liste nicht gegeben – was nicht ausschließt, daß es sie später geben wird. Sollte sich herausstellen, daß Kabilas Gegner auf diese Weise kaltgestellt werden, wären die für April 1999 geplanten freien Wahlen im Kongo von vornherein entschieden.