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Verpennt, vergeigt, verschlafen

■ Warum Frauen-Wahlkampfinitiativen nichts bringen

Was soll die Wählerin von diesem Kuddelmuddel halten: Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl präsentieren sich kurz hintereinander zwei überparteiliche Frauenbündnisse öffentlich und fordern mehr Gehör für Frauenbelange. Bei dem einen Bündnis dürfen die konservativen Schwestern von der CDU/CSU mitmachen, bei dem anderen nicht. Bei dem einen sind viele Medienfrauen von Sabine Christiansen bis Bettina Böttinger dabei. Beim anderen nur eine, Alice Schwarzer. Wahlprogramme stehen längst, die Wahllisten sind ausgekungelt – warum also eine Wahlkampfinitiative jetzt? Wir können uns doch eh nur zwischen dem Helmut, Gerhard oder Joschka entscheiden.

Immerhin viermal haben Parteipolitikerinnen in den 90er Jahren im Bundestag Parteigrenzen übersprungen, um Politik für Frauen zu machen. Jedesmal ging es um die Selbstbestimmung: 1992 einigten sie sich darauf, gesamtdeutsch beim Paragraphen 218 die „Fristenlösung“ einzuführen. Als die CDU/CSU daraufhin das Bundesverfassungsgericht anrief und das Karlsruher Gericht die „Fristenlösung“ kassierte, fanden maßgebliche weibliche Bundestagsabgeordnete 1995 erneut zusammen und tüftelten einen tragbaren neuen Parteienkompromiß aus. Ein drittes Bonner Frauenbündnis erreichte, daß sexuell mißbrauchte Kinder und Jugendliche die traumatisierenden Taten bis zum 28. Lebensjahr anzeigen können. Das vierte – besonders spektakuläre – Frauenbündnis im Bundestag liegt erst knapp ein Jahr zurück: Seitdem wird Vergewaltigung in der Ehe so bestraft wie jede andere Vergewaltigung auch. So weit, so viel.

Beziehungsweise – so wenig. Denn Gelegenheiten für überparteiliche Frauenpolitik gibt es in Bonn mehr als genug. Gerade erst hätten die Bonner Politikerinnen erreichen können, daß Frauenförderung nicht nur im öffentlichen Dienst stattfindet, sondern auch in der Wirtschaft. Doch verpennt, vergeigt, verschlafen. Lukrative öffentliche Aufträge, die EU-weit ausgeschrieben werden müssen, dürfen die Bundesländer nun nicht an soziale Auflagen wie „Frauenförderung“ knüpfen. Das hat der Wirtschaftsausschuß am Mittwoch beschlossen.

Vorschlag: In der neuen Legislaturperiode machen die weiblichen Abgeordneten eine Frauenbündnisbekanntgabepressekonferenz weniger und dafür zehn gemeinsame Gesetzesinitiativen mehr. Barbara Debus Bericht und Interview Seite 6

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