Wer erschoß Mohidien Sharif?

Hamas-Chef Rantisi beschuldigt die palästinensischen Behörden, für die Ermordung des Bombenspezialisten von Hamas verantwortlich zu sein  ■ Aus Jerusalem Georg Baltissen

Der Führer der islamischen Organisation Hamas, Abdel Aziz Rantisi, hat am Wochenende überraschend den palästinensischen Geheimdienst für die Ermordung des Hamas-Bombenbauers Mohidien Sharif verantwortlich gemacht. Während einer Demonstration an der Islamischen Universität in Gaza am Samstag sagte Rantisi, Sharif sei von palästinensischen Geheimpolizisten festgenommen, gefoltert und anschließend erschossen worden. Um die Spuren zu verwischen, sei sein Leichnam dann per Autobombe in die Luft gesprengt worden. Unter der Folter habe Sharif vermutlich Aussagen gemacht, die zur Verhaftung von rund 20 Hamas-Aktivisten führten.

Das palästinensische Kabinett hatte am Freitag eine Erklärung veröffentlicht, laut der die palästinensische Polizei inzwischen untersucht, ob ein interner Streit innerhalb von Hamas zum Mord an Sharif geführt hat. Das schloß Hamas-Chef Rantisi freilich aus. „Wir bringen uns nicht gegenseitig um“, so Rantisi. Er kündigte eine eigene Untersuchung an.

Während die israelischen Behörden noch an der Darstellung festhalten, daß Sharif am Sonntag vor einer Woche bei der Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags umgekommen sei, ergab eine palästinensische Autopsie, daß Sharif bereits vorher durch Schüsse aus einer Kalaschnikow getötet worden war. Die Veröffentlichung der Autopsieergebnisse spricht zumindest indirekt gegen die Vorwürfe von Hamas. Zudem haben die palästinensischen Sicherheitsbehörden israelische Experten eingeladen, an der Untersuchung des Falles teilzunehmen.

In ersten Stellungnahmen hatte Hamas den israelischen Geheimdienst Shin Beth für den Tod von Sharif verantwortlich gemacht und Vergeltung angedroht. Doch hatten Ministerpräsident Netanjahu und Verteidigungsminister Mordechai stets energisch bestritten, daß israelische Behörden in irgendeiner Weise in den Fall involviert seien. In anderen Fällen, etwa bei der Ermordung von Hamas- Bombenbauer Yahya Ayyasch oder Fathi Schikaki, dem Führer des Islamischen Jihad, hatten israelische Stellen jeden Kommentar verweigert – was generell als ein indirektes Eingeständnis interpretiert wird.