piwik no script img

Hintze von der Hamburg-Mannheimer

■ Mit dem Vertreterslogan „Sicher in die Welt von morgen“ schickt der CDU-Generalsekretär seine Partei in den Bundestagswahlkampf. Der Streit zwischen CDU und CSU um die Energiesteuer wird derweil zum Dauerbrenner

Bonn (taz) – Die CDU hat den Kampf um die Bundestagswahl 1998 noch nicht aufgegeben. Gestern stellte Generalsekretär Peter Hintze das Wahlkampfplakat der CDU vor. Über den Farben der Deutschlandfahne, die „harmonisch“ (Hintze) in das Blau der EU-Fahne übergehen, steht der Slogan: „Sicher in die Welt von morgen“. Die dominierenden Farben auf dem Plakat sind Rot und Gelb. Für Schwarz bleibt nur ein Zipfelchen am Rand. Glaubt die Union etwa schon selbst unbewußt an eine Regierungskoalition von SPD und FDP?

Energisch war Hintze bemüht, das Ruder für die im tiefsten Meinungstief steckende Union herumzureißen – nach der letzten Umfrage kommen Kohl & Co. bundesweit nur noch auf dürftige 34 Prozent, die SPD erreicht dagegen gewaltige 46 Prozent. Obwohl die CDU bereits schlechte Erfahrungen mit Versprechen machen mußte – keine Steuererhöhungen, blühende Landschaften, Halbierung der Arbeitslosigkeit –, wagte Hintze eine erneute Voraussage. „Wir versprechen“, sagte er unter dem erwartungsvollen Raunen, „Deutschland sicher in das neue Zeitalter zu führen.“ Die Einlösung dieses Versprechens habe bereits begonnen, versicherte Hintze.

Der CDU-Generalsekretär verhehlte nicht, daß nicht alle in der Union begriffen haben, wie eine sichere Welt von morgen auszusehen habe. Er verstehe selbst nicht, sagte er etwas unsicher, weshalb sich die CSU derart über die geplante Energiebesteuerung im Entwurf des CDU-Wahlprogramms aufrege. Bereits in der Koalitionsvereinbarung vom November 1994 sei gemeinsam vereinbart worden: „Wir halten am Ziel einer EU-weiten, aufkommensneutralen C02-Energiesteuer fest.“ Im Dezember 1996 hätten die Partner CDU, CSU und FDP beschlossen, daß „die Koalition die ökologischen Elemente im Rahmen der Verbrauchsbesteuerung stärker berücksichtigen will“. Insofern habe die CDU in ihrem umstrittenen Strategiepapier gar nichts Neues gesagt, erklärte der Generalsekretär.

Die CSU-Kritik von einer „dummen Wiederholung oller Kamellen ohne jeden Intelligenzblitz“ (Bayerns Umweltminister Thomas Goppel) und einer „unsinnigen Teildiskussionen“ (Fraktionschef im Landtag Alois Glück) wies der CDU-Generalsektretär mit dem Hinweis zurück, CSU-Parteichef Theo Waigel vor seinen eigenen Parteifreunden schützen zu wollen. Schließlich trage Waigel die Linie der CDU zur Energiesteuer mit.

Dennoch kann die CSU die Unsicherheit über den Kurs der Union in der Welt von morgen nicht sofort ausräumen. CSU- Vizechef Ingo Friedrich drohte gestern mit einem Alleingang beim Wahlprogramm, sollte die CDU nicht auf ihre umstrittenen Forderungen verzichten. Eine Diskussion um Energiesteuern sei „längst überholt“, und es gebe keinerlei Chance auf eine Besteuerung auf europäischer Ebene. Andererseits einigten sich CSU-Generalsekretär Bernd Protzner und Hintze dagegen darauf, sich auf ein gemeinsames Programm für die sichere Welt von morgen zu einigen. Wie das aussehen sollte, blieb aber zunächst unklar.

Auch die Wirtschaft läßt sich nicht harmonisch in die sichere Welt von morgen der CDU einbetten. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Hans Peter Stihl, erteilte gestern in Bonn jeder Form einer Energie- oder Ökosteuer eine Absage. In der Umweltpolitik setze die deutsche Wirtschaft auf Selbstverpflichtungen.

SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder ließ gestern süffisant mitteilen, die Kontroverse wegen höherer Energiepreise zeige „auffallende Gemeinsamkeiten zwischen CDU und Grünen“. Er sagte weiter, daß „nur die SPD die Partei der ökonomischen Vernunft“ sei. Zuvor hatte Peter Hintze klargestellt, daß die Energiesteuerpläne der CDU möglicherweise nur eine Erhöhung des Benzinpreises um anderthalb Pfennig zur Folge hätten. Ist selbst das Kanzlerkandidat Gerhard Schröder zuviel? Markus Franz

Bericht Seite 6, Kommentar Seite 12

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen