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Katastrophengebiet Haushalt

Solange ich mich entsinnen kann, kam mir jedes Mal, wenn ich auf einen Stuhl stieg, dieser Satz in den Sinn: Die meisten Unfälle geschehen im Haushalt.

Welches Arschloch von einem Ratgeber-Magazin-Moderator hat ihn mir, dem fernsehsüchtigen Sechs- oder Siebenjährigen, bloß in den Kopf gepflanzt? Machen sich diese Kerle Gedanken darüber, was sie anrichten mit solchen Sätzen zu solchen Sendezeiten? Schon dreimal hätte ich mir fast das Genick gebrochen, nur weil ich – auf den Zehenspitzen auf einem Stuhl, die Finger nach einer Haushaltsware gestreckt – diese Stimme hörte, und prompt fing ich an zu schlottern, der Stuhl zu kippeln, ich zu schwanken, der Stuhl zu kippen, bis ich endlich – mit nicht nur einer Haushaltsware – scheppernd und wenig päpstlich den Boden küßte.

Letzten Sonntag habe ich den verhängnisvollen Satz in meiner Schwäbisch-Siems-Gruppe thematisiert, weil Wolfgang meinte, daß man, was man in der Kindheit gelernt hat, auch wieder verlernen kann. Also sind alle auf ihre Stühle gestiegen, haben nach imaginären Töpfen und Lappen gegriffen und mir demonstriert, daß das gar kein Problem ist (bis auf Ute, die wegen ihrer Höhenangst nicht mitgemacht hat, und Peter, der nicht auf Stühle steigen kann, weil er dann Mäuse sieht). Ich jedenfalls bin dann auch hoch, und alle (auch Peter und Ute) haben gesagt, geht doch. Gegenkonditionierung nennt man das.

Als ich gestern auf einen Stuhl stieg, um auf dem Bord über der Küchentür nach einem flink & sauber-Edelstahl-Spiral-Topfreiniger zu greifen, dachte ich dann auch an gar nichts. Die Stimme in meinem Kopf war verstummt, die Vergangenheit bewältigt. Ich war entspannt und locker. Der kleinen Drahtwolle, die wie eine süße Traube in Reichweite lag, galt all meine Konzentration. Ich glaube, das war der Fehler. Sven Hillenkamp

Foto: Promo

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