: Sekte oder Solidaritätskonzern
■ Kritiker versuchte über Altkleiderkonzern Humana aufzuklären
Humana – schon beim Namen der Secondhand-Kleiderkette menschelt es gewaltig. Die Kunden werden in den in wenigen Jahren aufgebauten 11 Berliner Filialen des Konzerns plakativ informiert, daß mit seinem Einkauf Solidaritätsprojekte in Mosambique und Angola unterstützt werden. Doch Kritiker versuchen, den humanen Lack vom „Lumpenkonzern“ abzukratzen. So auch am Dienstag abend im Eine-Welt-Laden Baobab in Prenzlauer Berg.
Roland Walter vom Sektenarchiv der Umweltbibliothek berichtete zahlreichen ZuhörerInnen über die Wurzeln von Humana. In den 70ern hatten in Dänemark mit dem Maoismus sympathisierende Intellektuelle versucht, in Alternativschulen die Revolutionierung der Verhältnisse voranzutreiben. Kontakte mit antikolonialen Bewegungen Afrikas gehörten in diesen „Tvindschulen“ ebenso zum Lehrplan wie gemeinschaftliches, praxisorientiertes Lernen. Mehrere ZuhörerInnen wollten auf den guten Ruf, den die Tvindschulen unter ReformpädagogInnen lange Zeit hatten, auch heute nichts kommen lassen. So konnte Walter nicht alle davon überzeugen, daß von Tvinds Anfängen heute nur eine auf den Lehrer Mogens Arndi Peterson eingeschworene Gruppe, ein großes Vermögen und gute Kontakte nach Afrika geblieben sind. Walters Berichte über das sagenhafte Vermögen des 1979 untergetauchten Peterson blieben anekdotenhaft. Über Tvind und deren geschäftliches Gebaren könnten aber nur Vermutungen angestellt werden, meinte selbst Walter. Dafür sorgten schon deren abgeschottete Konzernstrukturen.
Konkreter wurde Walter bei den Solidaritätsprojekten. Die von der Tvindgruppe gegründete Organisation „Desenvolmimento de Povo para Povo“ (ADPP), auf deutsch Hilfe zur Entwicklung von Volk zu Volk, koordiniert heute die Afrika-Projekte von Humana. „Angola ist ein Alptraum. Wir arbeiten wie die Sklaven“, zitierte Walter aus dem Brief eines bei ADPP arbeitenden Freiwilligen. Diese müßten außerdem eher Postkarten verkaufen, als vor Ort zu helfen. Doch eine im Publikum sitzende ehemalige Solidaritätsarbeiterin, die ausdrücklich Humana nicht verteidigen wollte, mochte diese Eindrücke nicht bestätigen.
So konnte der Umgang mit Humana nicht geklärt werden. Als Sekte würde er Humana nicht bezeichnen, betonte Roland Walter am Ende. Daß es sich um ein kommerzielles Unternehmen handelt, war am Schluß allen klar – ein bescheidener Erkenntnisgewinn. Schließlich steht der Zusatz „gewerbliche Sammlung“ auf jedem Humana-Container. Doch auch DRK und Caritas lassen Altkleider von kommerziellen Unternehmen einsammeln. Peter Nowak
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