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Sektenverdacht in Polizeispitze

■ Polizeidirektor soll einen Mitarbeiter genötigt haben, der bei Scientology aussteigen wollte

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in einem weiteren Fall von möglicher Einflußnahme des Psychokonzerns Scientology in höchsten Polizeikreisen. Gegen den Leiter eines Lagezentrums, Polizeidirektor Otto D., läuft ein Verfahren wegen Nötigung eines Mitarbeiters „vor dem Hintergrund von Mitgliedschaft und Austritt“ des Mitarbeiters aus der Scientology-Organisation, bestätigte der Sprecher der Justizverwaltung, Matthias Rebentisch. Der Beschuldigte habe die Vorwürfe zurückgewiesen. Eine mögliche Mitgliedschaft von D. bei Scientology sei nicht Gegenstand der Ermittlungen. Der Beschuldigte ist nach Angaben der Polizei zur Zeit krank geschrieben.

Bereits am Dienstag vergangener Woche durchsuchte die Polizei das Büro und die Wohnung von D. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben die Durchsuchungen keine Anhaltspunkte erbracht, die den Verdacht der Ermittlungsbehörden erhärteten. Nach einer internen Meldung der Polizei ging die Justiz davon aus, daß der Mitarbeiter wegen seines geplanten Austritts aus der Scientology-Organisation von D. unter Druck gesetzt wurde. Die Staatswaltschaft habe „die Verdachtsgründe sehr genau geprüft“, betonte Rebentisch. „Wir behandeln solche Sachen nicht leichtfertig.“ Wegen der beruflichen Stellung des Beschuldigten und der Art der Vorwürfe sei dies „kein Alltagsfall“. Weder Innenverwaltung noch Polizei wollten sich auf Anfrage zu den Vorwürfen gegen den Polizeidirektor äußern. Das sei in einem laufenden Verfahren nicht üblich, hieß es.

Bereits 1994 war der Polizeibeamte Volker K. vom Dienst suspendiert worden, weil er als Mitglied von Scientology Personaldaten der Polizei auf Computern der Sekte bearbeitet hatte. In einem Prozeß gegen ihn wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz hatte K. außerdem eingeräumt, bei Gesprächen mit Bewerbern für den Polizeidienst die Fragebogen von Scientology eingesetzt zu haben. Er habe den Persönlichkeitstests „vertraut“ und halte sie für „zuverlässig“, hatte der Polizeibeamte erklärt. Im August 1997 hatte der Bayerische Innenminister Günter Beckstein (CSU) mit Verweis auf zwei Fälle in Berlin und Bayern davor gewarnt, daß Scientology versuche, die Polizei zu unterwandern. Auch im Hamburger Landeskriminalamt (LKA) vermutete die Polizeiführung bereits vor zwei Jahren einen internen Informanten der Psychosekte, nachdem interne Berichte über Scientology der Sekte offenbar aus dem LKA zugespielt worden waren.

Im September vergangenen Jahres schließlich entschied das Landesarbeitsgericht Berlin, daß die Mitgliedschaft bei Scientology ein Grund für eine außerordentliche Kündigung darstelle. Es wies die Klage einer entlassenen Scientologin zurück, die in einer Betreuungseinrichtung für psychisch labile Menschen gearbeitet hatte. Heide Berndt/bpo

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