: Schmalzbrote gegen den Transrapid
■ Seit Anfang April sind bereits 2.000 Unterschriften für eine Volksinitiative gegen die Magnetschwebebahn gesammelt worden. Bis zum Herbst müssen noch 88.000 dazukommen.
„Die Kleingärtner sind besonders aktiv“, berichtet Martin Schlegel vom Bund für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland (BUND) und Koordinator der ersten Volksinitiative in Berlin, die sich gegen die umstrittene Magnetschwebebahn richtet. Er hofft, daß die für Berlin verfassungsrechtlich vorgeschriebenen 90.000 Unterschriften binnen sechs Monaten erreicht werden. Um das Ziel zu erreichen, müßten fast 600 Berliner pro Tag unterschreiben. Doch Schlegel ist zuversichtlich: „Zur Zeit kommen allein in unserem Büro jeden Tag an die 50 ausgefüllte Unterschriftenbögen an.“
Nachdem die Volksinitiative in Brandenburg an 10.000 Stimmen knapp gescheitert ist, werden seit dem 1. April in Berlin Stimmen gegen den Transrapid gesammelt. Nach der Bundestagswahl im Herbst soll endgültig über den Transrapid entschieden werden. „Die Volksinitiative bietet jedem Bürger die Chance, direkt seine Meinung zu sagen. Es geht darum, ein Signal zu setzen, an dem die Politiker nicht vorbeikomen“, so Schlegel. Im Falle einer geglückten Volksinitiative muß sich das Abgeordnetenhaus erneut mit dem Thema befassen, die Organisatoren haben ein Anhörungsrecht in den zuständigen Ausschüssen. Bei einer erneuten Befassung des Parlaments hoffen die Transrapid- Gegner darauf, daß die Abgeordneten das Verkehrsprojekt ablehnen.
Unterschiedlichste Bürgerinitiativen, Parteien und Verbände sind deshalb aktiv geworden. 98 Sammelstellen gibt es bereits in der Stadt, darunter diverse Buchhandlungen, Bioläden, ein Geburtshausladen und ein Weinladen. „Der Optiker in der Turmstraße braucht schon Nachschub“, verkündet Schlegel auf dem regelmäßigen Arbeitskreistreffen in Schöneberg. Nur die Außenbezirke wie Britz und Frohnau seien noch nicht genügend eingebunden. Für jede neue Sammelstelle gibt es eine Tafel Schokolade.
Ein Schreiben ist an alle Kirchen und Bezirksbürgermeister losgeschickt worden, auch Stadtbüchereien und Rathäuser sollen mit Unterschriftenbögen versorgt werden. Der Bogen ist im Internet abrufbar, der BUND hat den Transrapid zum Schwerpunktthema erkoren und stellt das Koordinationsbüro.
Die Friedensinitiative an der Gedächtniskirche sammelt, und die Bürgerinitiative Prignitz will demnächst mit Schmalzstullen auf dem Ku'damm Stimmen gewinnen. Steffi Kibeck war schon bei der BUND-Jugend Brandenburg aktiv und hat einen Transrapid genäht, „der kann jetzt wieder benutzt werden“. Wichtig ist das richtige Ausfüllen der Unterschriftenbögen. Dazu gehört die vollständige Adresse, Datum, keine Sammelanträge, sondern tatsächlich ein Bogen pro Person und keine Stempel, sonst gehen wertvolle Stimmen verloren. „Die Behörden prüfen ganz genau“, sagt Schlegel.
Unterschreiben können Berliner mit ersten Wohnsitz in der Stadt. Auf der Suche nach Bündnispartnern hat Martin Schlegel inzwischen auch Kontakt zur Love Parade aufgenommen – „weil Dr. Motte letztes Jahr gesagt hat, daß er den Transrapid doof findet“. In den kommenden Tagen soll die Eisenbahngewerkschaft kontaktiert werden, auch die Kür der hundertsten Sammelstelle steht an. „Vielleicht“, so Schlegel, „drucken wir auch noch T-Shirts.“ Helfer werden jedenfalls immer gebraucht. Britta Steffenhagen
Der Arbeitskreis trifft sich alle zwei Wochen im BUND-Umweltzentrum in der Crellestraße 35 in Schöneberg, Tel. 78790017; den Unterschriftenbogen gibt es im Internet:
http:// www.snafu.de/bund
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