Stilbruch mit Augenaufschlag bei der Stilpolizei

■ Solo zieht N'dea Davenport, die ehemalige Sängerin der Brand New Heavies, ein paar neue Saiten auf

Wer hätte gedacht, daß ausgerechnet N'dea Davenport eines Tages mit Überraschungen aufwarten würde? In ihrer guten Zeit als Sängerin der Brand New Heavies formulierte sie einen ebenso reizvollen wie durchschaubaren Stilhaushalt aus Augenaufschlag und Retro-Soul. Das paßte hervorragend zum Konzept der Band, denn die Brand New Heavies bildeten im Acidjazz- und Jazzhop-Hype vor sieben Jahren den bewußt piefigen Gegenpart zu damaligen Soul-Erweiterern wie Mother Earth oder Galliano.

Die Brand New Heavies machten nie einen Hehl daraus, daß im Soul auch Hits im herkömmlichen Sinne geschrieben werden könnten. Was bei Liedern wie „Stay This Way“oder „Keep It Comin“noch prächtig funktionierte, endete bei ihrer letzten gemeinsamen Arbeit zum Album Brother Sister in einer stilistischen Implosion. Der einst so gerühmte Oberflächenglanz wich einer Easy Listening-Beliebigkeit im schlechten Sinne. Ähnlich wie Incognito, die Anfang der 80er noch als respektabler Jazz-Funk-Act gestartet waren, drohten die Brand New Heavies zu einer Begleitband für den feisten Brunch zu werden.

Davenport verließ die Brand New Heavies noch bevor beide zu Auslaufmodellen wurden. Rechtzeitig, wie das neue Album ihrer alten Gruppe zeigt. Denn die Brand New Heavies konnten mit Siedah Garret zwar eine neue Sängerin engagieren, haben als Arrangeure aber nichts dazugelernt.

Auf ihrem unbetitelten Solo-debüt zeigt sich N'dea Davenport nun um mehr Flexibilität bemüht und demonstriert ihr Geschick als Allroundsängerin anhand konträrer Lieder: Vieles schlingert vertraut durch ein mehr oder minder modernes Verständnis von Brit-Soul. Dann aber der Kontrast: Neben dem übertrieben französisch gehaltenen Erotik-Klopfer namens „Bullshittin“wird die ehemalige Backgroundsängerin Madonnas dank ihrer Interpretation von Neil Youngs „Old Man“jede Menge publizistische Aufmerksamkeit einsacken.

Natürlich steht ihr Stück in keinem Verhältnis zum Original, und möglicherweise kann es auch mehr Schaden als Nutzen bringen, sich an einem solchen Lied zu vergreifen. N'dea Davenport aber geht dieses Risiko ein, denn für sie ist es ein Zeichen an sich selbst, ein eindeutiges Statement in Sachen Songwritertum. Und da gibt es sicherlich schlechtere Adressen als die des großen alten Mann des Rock.

Oliver Rohlf

Do, 16. April, 21 Uhr, Schlachthof