: Herausragendes Handwerk
■ Wilhelm Genazino bekommt den Preis der Literatour Nord / Axel Otto gehörte zur Jury und gibt Auskünfte
taz: Axel Otto, die Heinrich-Heine-Buchhandlung, bei der Sie mitarbeiten, beteiligt sich an der Lesungsreihe Literatour Nord. Gerade habt ihr dem Schriftsteller Wilhelm Genazino euren diesjährigen Preis zugesprochen. Zunächst mal: Was ist die Literatour Nord?
Axel Otto: Wir verstehen das als Sonderform der Literaturförderung. Die Literatour Nord führt durch vier Städte, neben Hamburg sind das noch Oldenburg, Hannover und Bremen. Wir laden sechs Autoren ein, die in diesen Städten lesen.
Ausgerichtet wird das jeweils von einer Buchhandlung, in Hamburg sind wir das. Dann beteiligen sich die jeweiligen Unis. In den anderen Städten werden parallel zu den Lesungen Seminare zur Gegenwartsliteratur angeboten. Das klappt in Hamburg grad nicht recht, aber Dagmar von Hoff vom literaturwissenschaftlichen Seminar der Hamburger Uni hat zugesagt, in Zukunft dabeisein zu wollen. Und dann beteiligt sich noch die DG Bank, die unseren einmal jährlich vergebenen Preis von 20.000 Mark gestiftet hat.
Aus eurer Sicht eine gelungene Form des Kultursponsoring?
Das kann man schon sagen. Eine unserer Hamburger Lesungen findet auch im Bankgebäude statt, und da kommt es eigentlich immer zu interessanten cross culture-Effekten, wenn Bankangestellte und Studenten aufeinandertreffen. Daß Banker aber zu uns in die Lesung kommen, ist selten.
Ihr veranstaltet auch außerhalb der Literatour Nord viele Lesungen. Was verbindet ihr mit dieser Form?
Nun, wir wollen die Kulturpolitik nicht ganz der Stadt überlassen. Und dann muß man natürlich noch sagen, daß man den Werbefaktor für uns als Buchhandlung nicht unter den Tisch fallen lassen darf. Früher waren wir ja die einzigen, die in Hamburg Lesungen angeboten haben. Inzwischen gibt es viele Veranstalter, vor allem auch das Literaturhaus. Was die politischen Lesungen betrifft, sind wir aber immer noch konkurrenzlos, wenn ich hier mal so unbescheiden sein darf.
Euer Preis wird von einer Jury vergeben, der auch Sie angehörten. Warum habt ihr euch für Genazino entschieden?
Jetzt kann ich natürlich nur mein Votum erläutern. Also, Genazino ist für mich ein ganz herausragender Prosaautor. Er hat eine wirklich seltene Beobachtungsgabe und kann seine Beobachtungen vor allem auch in eine Sprache hinüberbringen, die genau und unprätentiös ist. Genazino ist einfach ein sehr, sehr guter Handwerker.
Außer Genazino hattet ihr auf der vergangenen Tour noch Klaus Modick, Durs Grünbein, Barbara Frischmuth, Robert Schindel und Judith Kuckart eingeladen. Als Instrument zur Nachwuchsförderung läßt sich die Literatour Nord nicht gerade ansehen.
Wir hatten auch schon Alisa Walser dabei, als sie noch gar nicht bekannt war. Aber es stimmt, wir laden eher Leute ein, die zumindest ein Stück weit etabliert sind, allerdings das Geld durchaus noch brauchen können, um weiter zu produzieren. Der Preis ist eben auch dafür gedacht, daß diese Leute dann mal eine größere Arbeit ungestört in Angriff nehmen können.
Fragen: Dirk Knipphals
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