Antworten auf Letzte Fragen

Was ist Staub? (4.4.98)

Staub ist mitnichten gemahlenes Gebirge. Wäre es so, müßte in den gebirgslosen Regionen (Ostfriesland & Co.) entweder unerdenkliche Mengen (Überreste früherer Gebirge) oder gar keinen Staub geben. Da es aber statistisch gesehen zu durchschnittlich 46,7ml Staub/m2/Jahr kommt, ohne daß es signifikante Landschaftsabweichungen gäbe, muß diese These verworfen werden.

Tatsächlich ist Staub der Schweiß der Welt. Überall dort, wo Materie in einem Zustand verweilen muß, der ihr ungewohnt ist und sie anstrengt, entsteht besonders viel Staub. Deswegen begegnen wir auf Straßen, in Häusern und ganz besonders in Fabriken mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit viel mehr Staub als auf einer Wiese oder am Badesee.Loretta Ihme, Berlin

Das letzte Aufbäumen der Materie vor dem Nichts.Tewes H. Wischmann

Staub definiert sich durch seine hohe Affinität zu allen lebensnotwendigen Einrichtungsgegenständen, die wehrlos seinen aggressiv- destruktiven Attacken ausgesetzt sind und im Laufe weniger Wochen den leblosen Anstrich antik- konservierter Schmuddeligkeiten erhalten, der im primitiven wie auch reaktionären Laienjargon plump als „verSTAUBt“ proklamiert wird. Kurz: Staub ist das, was keiner wegmachen will.Eva Schramm, Hamburg

Eine skandalöse Vereinfachung! „Warum hat Gott den Staub überhaupt geschaffen?“ heißt der große Kontext! Ist der Kampf gegen den Staub nicht gleichzeitig Kampf gegen die Existenz des Menschen schlechthin? Bitte weiterdiskutieren!Helge Veskimägi-Giese, Köln

*

Warum gelingt der erste Pfannkuchen nie? (11.4.98)

Es handelt sich hier um die sogenannte Pfannkuchen-Paradoxie, für die es drei konkurrierende Erklärungsmodelle gibt: (1) Die alltagstheoretische Deutung („Schwiegermutter-Theorie“) besagt, daß der erste Pfannkuchen sowieso immer mißlingt, weshalb man für den ersten besser etwas weniger Teig in die Pfanne geben sollte, woraufhin der erste Pfannkuchen mit Sicherheit anbrennt und folgerichtig mißlingt...

Der Popularität dieser Theorie ist es zu verdanken, daß weite Bevökerungskreise mit dem Phänomen des Mißlingens von Pfannkuchen praktisch vertraut sind, ohne freilich (2) die naturwissenschaftliche Deutung („Emulsionstheorie“) zu kennen: Der auf einer Fett-in-Wasser-Emulsion beruhende Pfannkuchenteig wird beim Erstkontakt mit dem in der Pfanne geschmolzenen Fett so von der Hitze reinen Fetts überwältigt, daß sich seine Fettanteile von den Wasseranteilen lösen und sich nach dem Modell der Wahlverwandtschaft mit dem heißen Fett verbinden. Übrig bleibt dann das anbrennende Wasser/Ei/Mehl-Gemisch.

Die nächsten Pfannkuchen sind gewarnt und bleiben ihrer Emulsion treu, was uns zur (3) philosophischen Deutung („Xenon-Paradoxie“) des Problems bringt: Wenn der erste Pfannkuchen immer mißlingt, was er empirisch gesehen zweifelsohne tut, ist es natürlich fraglich, ob überhaupt von einem ersten Pfannkuchen gesprochen werden kann. Der mißlungene Pfannkuchen ist nämlich weder im ontologischen noch im kategoriellen Sinn ein Pfannkuchen, weshalb es nur natürlich ist, daß er immer mißlingt! Das existentielle Scheitern des ersten Pfannkuchens trieb schon Camus zur Verzweiflung bzw. Sartre in den Wahnsinn, der bekanntlich zeitweise von einer Languste im Schlafrock (= in Pfannkuchenteig) verfolgt wurde.Bernhard Debatin, Metaphern- und Mythenforscher, Berlin

Der erste Pfannekuchen gelingt tatsächlich nie. Das ist eine der unumstößlichen Wahrheiten. Deshalb darf man sich nichts daraus machen, sondern sollte ihn an den verteilen, der am liebsten Pfannekuchen ißt und bereits die Finger gewaschen hat und am Tisch sitzt. Wenn es mehr als einen hungrigen Esser gibt, kann man den damit trösten, daß ja der zweite Pfannekuchen viel schöner sein wird. Und auch das stimmt immer. Das Erfolgserlebnis beim Pfannekuchenbacken ist also garantiert: Der erste gelingt nie – was kein wirklicher Mißerfolg ist, sondern so sein muß. Ab Pfannekuchen Numero zwei gelingen sie dann immer besser, und das macht zufrieden, auch wenn man gar nicht gerne Pfannekuchen ißt.Ruth Weissmüller, Saarbrücken

Als Teilzeithausmann mit langjähriger Erfahrung muß ich der Fragestellung widersprechen: Der erste Pfannkuchen gelingt immer! Da ist man mit voller Konzentration bei der Sache. Spätestens beim dritten Pfannkuchen versucht man nebenbei etwas anders zu erledigen, und erst der Brandgeruch erinnert einen daran, daß es jetzt zu spät ist, den Pfannkuchen zu wenden.Uwe Rumberg, Bremerhaven

1. Die Pfannen-Erklärung

Entgegen der landläufigen Meinung, daß alle Gegenstände kein Gedächtnis besitzen, ist die Pfanne die Ausnahme von der Regel. Sie hat ein hervorragendes Gedächtnis, das allerdings – ähnlich wie beim Menschen auch – an Altersschwäche leidet und unangenehme Erlebnisse schnell wieder vergißt. Kommt nun Öl oder Butter in die Pfanne, freut sich die Pfanne schon auf ein schönes Schnitzel, ein saftiges Steak oder frisches, zart duftendes Gemüse. Keinesfalls kommt die Pfanne auf die Idee, mit einer breieigen, wässrigen Pampe konfrontiert zu werden. Das ist so eine Art Kriegserklärung an die Pfanne von seiten des Benutzers. Entsprechend reagiert die Pfanne zunächst mit Gegenwehr und versucht aufs heftigste, diesen Brei wieder loszuwerden, was ihr nur stellenweise gelingt, so daß der erste Pfannekuchen an einigen Stellen keine Farbe hat, während andere Stellen schon fast schwarz sind. Erst nach und nach merkt die weniger kluge Pfanne, daß aus dem ekligen Mehl-Ei-Gebräu ein leckerer Pfannekuche wird und gibt deshalb jede Gegenwehr auf. Die klügere Pfanne gibt nach und ergibt sich gleich in ihr Schicksal. Jede Gegenwehr ist zwecklos, denn die nächste Teigattacke ist ja bereits in Vorbereitung.

2. Die internationale Erklärung

Ein Kuchenteig gehört in eine Backform und nicht in die Bratpfanne. Das wissen die Schweden schon seit langem, weshalb sie ein Rezept für Pfannekuchen im Ofen kennen: 1/2 Liter Milch aufkochen und abkühlen lassen, 4 Eier mit 4 Eßlöffeln Mehl und der Milch verrühren, in eine gefettete Auflaufform füllen und 20 Minuten bei 225 Grad backen.

3. Die biblisch-österliche Erklärung

Die Letzten werden die Ersten sein, und die Ersten werden die Letzten sein. Weil der Letzte in der Pfanne der Erste im Magen sein wollte (und das auch geschafft hat), ist der Erste in der Pfanne der Letzte, der in den Magen wandert. Da spielt es keine Rolle mehr, ob er mißlungen ist, denn meist wird er gar nicht mehr gegessen.Britta Sutorius, Berlin

*

Warum sagt man bei Telefonnummern die Ziffern manchmal einzeln und manchmal in Blöcken? (4.4.98)

Es gibt Leute, die sagen Telefonnummern in Blöcken, und andere, die sagen die Ziffern einzeln. Das hängt damit zusammen, ob sie über ein analytisches (Ziffern) oder synthetisches (Blöcke) Gedächtnis verfügen. Das bessere System ist natürlich das mit den einzelnen Ziffern. Die Blockmethode ist einfach viel zu anfällig für die wahre Tücke des deutschen Zählsystems: dreiundfünfzig nennt die drei zuerst, und dann die fünf.

Ich möchte nicht wissen, wieviel tausend Telefonnummern täglich im deutschprachigen Raum nur aus diesem Grund falsch aufgeschrieben werden. Außerdem kann beim Blocksystem folgendes passieren: Woher soll ich wissen, ob mit „eintausendfünfhundert“ 1.000, 500 oder 1.500 gemeint ist?Rutiko

In Blöcken merken ist einfacher, weil man sich weniger Zahlen merken muß.Demian Brosche

*

Haben alle Tiere eine Nase?“ (11.4.98)

Im Prinzip ja. Nasen bestehen ja aus Löchern mit Zellgewebe drumherum. Evolutionstheoretisch betrachtet hat sich das Gewebe drumherum aber erst spät entwickelt, so daß die ersten Nasen nur aus den Löchern bestanden, weshalb man bei primitiveren Tieren die Nase in der Regel nicht sehen kann. Das hat z.B. für Einzeller den Vorteil, daß sie keine Extranase mit sich herumschleppen müssen, sondern nur die ungleich leichteren Löcher. Die Fühlerbewegungen der Insekten zeigen, daß die Nasenlöcher unzweifelhaft vorhanden sind, denn auf diese Weise bohren Insekten in der Nase. Erst bei den Säugetieren hat sich die Nase vollständig mit gewebsmäßigem Drumherum ausgeprägt, da die Nase hier gebraucht wird, um in der Doppelfunktion von Riechen und Fühlen die milchspendende Zitze zu finden (sagt meine Katze).

Nasen kommen übrigens auch in der unbelebten Natur vor („Felsnase“), dort jedoch zum Ausgleich für die primitiven Tiere meist ohne Löcher und also erdenschwer. Auch in der Pflanzenwelt sind einzelne Exemplare bekannt („Großer Riechkolbenpilz“, zit. nach K. Halbritters „Tier- und Pflanzenwelt“, München 1975, S. 118f.), allerdings haben diese Nasen kurze Beine...Bernhard Debatin,

Nasenepistemologe, Berlin

Warum hat man nach abendlichem Biertrinken am nächsten Morgen geschwollene Augen? (28.3.98)

Das ist ja wohl kein Wunder, wenn man bei abendlich schlechten Lichtverhältnissen zu angestrengt und vor allem zu tief ins Glas schaut. Geschwollene Augen lassen sich jedoch verhindern, indem das Bier, so es denn abends getrunken werden soll oder will, in flachen Schalen serviert wird. Das läßt sich sehr gut schlürfen, und man muß auch nicht mehr so tief gucken.Franz Gautsch, Berlin

Letzte Fragen gibts wegen der Sonderausgabe „50 Jahre Israel“ erst wieder am 2. Mai