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■ KommentarBerlin ist nicht immun

Wer meint, die Berliner hätten ihre Lernration in Sachen Rechtsradikalismus und Parlament schon hinter sich gebracht, setzt auf das Prinzip Hoffnung. Zwar demontierten sich die siegreichen „Republikaner“ Anfang 1989 nach ihrem Einzug in das Abgeordnetenhaus sehr schnell durch Inkompetenz und interne Streitigkeiten. Dennoch blieb diese Selbstentzauberung eine ausschließlich Westberliner Erfahrung, die über die Umbruchphase nach dem Mauerfall von den wenigsten Ostberlinern wahrgenommen wurde. Wer die Nase über die rechtslastigen Ossis in Sachsen-Anhalt rümpft, sollte sich jedenfalls daran erinnern, daß in Berlin auch der Westen nicht immun für rechte Verführungen ist. Schließlich holten die Reps im damals noch ummauerten Berlin ihre Ergebnisse ausschließlich im Westteil.

Dem vereinten Berlin jedenfalls steht deshalb die Erfahrung, welches Potential an Wählern von rechtsextremen Parteien die Stadt hat, noch bevor. Und dabei können demokratische Parteien einiges tun. Denn welche Stichworte eine diffus rechte Einstellung quasi als gesellschaftsfähig legitimiert, dazu tragen auch die Debatten demokratischer Parteien bei. Wenn beispielsweise die Christdemokraten bis hin zum Innensenator Jörg Schönbohm oder der CDU-Generalsekretär Volker Liepelt öffentlich über Zuzugssperren gegen Ausländer nachdenken, den (falschen) Eindruck einer höheren Kriminalitätsrate von Ausländern erwecken oder mit dem vorgeschlagenen Abriß des vor allem von Ausländern bewohnten Sozialpalasts suggerieren, nur derart seien Keimzellen von Gewalt und Kriminalität beizukommen, dann tragen sie Verantwortung für solche Aufweichung eines demokratischen Diskurses, der nur den rechtsextremen Parteien nutzt. Gerd Nowakowski

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