„Ich bleibe Chéri Samba“

■ Eine Ausstellung des Malers Cheri Samba aus der Republik Kongo o

Chéri Sambas Malerei ist schön afrikanisch. Viel schwarze Frauenhaut, gefesselte Männer in zerrissenen Hemden, bunte Farben, runde Formen, große Flächen – das haben wir gern. Gern also wird auch der Vergleich zu Gauguin gezogen; was könnte es netteres geben als einen afrikanischen Maler, der die europäischen Projektionen authentisch verkörpert.

Chéri Samba hat denn auch einige Kritik zu hören bekommen, und so mancher kunstpolitisch Korrekte hat für seine Ausstellung zeitgenössischer Kunst doch lieber einen Videokünstler aus Chéri Sambas Heimatstadt Kinshasa bestellt. Nicht die AfrikakundlerInnen im Bremer Übersee-Museum, das jetzt eine Bilderauswahl des afrikanischen Künstlers zeigt.

Sambas Realismus scheint kaum Fragen offen zu lassen. Aids, Kolonialismus, postkoloniale Herrschaftsstrukturen – alles ist da, plakativ erzählt und unmißverständlich in der Bewertung. Und wer's noch immer nicht kapiert hat, kann ja die ausführlichen Texte lesen, auf das keines der Bilder verzichtet. Auch hier kennt sich der Maler aus der Republik Kongo bestens aus: Afrikanische Kunst ist Comicstrip, ist Pop Art.

Wenn er sich auf seinem Bild „Pourquoi ai-je signé un contrat?“(Warum habe ich einen Vertrag unterzeichnet?) lebensgroß im Würgezug seiner Vertragspartner zeigt, dann ist die Selbststilisierung zumindest anzuzweifeln: Seit seiner Teilnahme an der Ausstellung „Les Magiciens de la Terre“(1989) im Pariser Centre Pompidou lassen sich Sambas Werke ausgesprochen gut verkaufen.

Spätestens aber bei der Lektüre der Texte, die sich auf dem Bild um den feinbezwirnten Körper des Künstlers ranken, kippt das Image des vom Markt geknebelten Künstlers schon von sich aus ins Vielstimmige. Aus dem Off tauchen da Stimmen auf, schreien „Dummheit!“und „Chéri, wie konntest du nur!“und geben dem schwarzafrikanischen Opfer gute Ratschläge für die Zukunft. Seine Antwort: „Ich bleibe Chéri Samba.“

Eben das aber bleibt er nicht — was die Lektüre seiner Bilder zu einem ausgesprochenen Vergnügen macht. Die nämlich funktionieren auch jenseits des einverleibten Stimmgewirrs von guten Freunden und Kritikern selten so au-thentisch, wie sie vor blauem Himmel und bunten Blumen daherkommen.Symptomatisch das Picasso-Porträt. Umringt von seiner Afrika-Kunst sitzt der Meister einem klischierten afrikanischen Landschaftsbild gegenüber – der Kommentar: Auch wenn Afrika untergeht, seine Idee bleibt erhalten.

Das ist Sarkasmus und Hommage zugleich und kommt so lustig daher, wie das „Erstaunen“Chéri Sambas auf Kaspar Königs Anfrage aus dem Frankfurter Portikus, ob man für eine Benefizveranstaltung ein Bild geschenkt bekommen könne. Das Bild – „Etonnement“– gibt es seitdem in der gemalten Version einer höflichen Ablehnung: Samba im zerrissenen Hemd auf einem Baumstamm sitzend, mit dem Rücken zum Publikum, schreibt einen Brief und beschreibt dem deutschen König seine Verwunderung darüber, daß ein Weißer von einem Schwarzen Hilfe erbitte – aber leider, leider: Das Bild, das er ihm liebend gern zur Verfügung gestellt hätte, sei ihm geklaut worden... ritz

Die Ausstellung „Chéri Samba“bis August im Überseemuseum