■ Vorschlag: Benefiz-Gala gegen Gentrifizierung: Gesang und Elektronik im WMF
Selbst in der taz ist man nicht unbedingt sicher vor Agenturmeldungen, die sich des ominösen Begriffs der „Fremdenfeindlichkeit“ bedienen. Vor kurzem erst durfte man sich etwa darüber informieren, daß in Magdeburg zwei junge Deutsche einen „farbigen“ 14Jährigen überfallen hatten: „Offensichtlich hielten sie ihn für einen Ausländer“, folgerte messerscharf die AFP und demonstrierte damit, wie weit man kommt, wenn man von Rassismus partout nicht reden will: Ob das mit einem ans Revers gehefteten deutschen Paß wohl nicht passiert wäre?
Um Rassismus als solchen zu benennen und die Zusammenhänge zwischen selektiver Wahrnehmung, „gefährlichen Orten“, Gentrifizierung und der Privatisierung des städtischen Raums offenzulegen, wurde letztes Jahr zum ersten Mal die Innenstadtaktion organisiert. Im Rahmen der Aktion wurden bundesweit neun A-clips zu den o.g. Themen in die Werbeblöcke von Kinos geschleust.
Um die zweite Staffel der A-clips mitzufinanzieren, treffen sich heute abend diverse Bands, Projekte oder deren Teilmengen, DJs und Elektroniker zur Benefiz-Gala im WMF. „Aus Liebe zur Musik“ werden gleich zwei Bands mit dabeisein, in denen Ex-Lassie- Singers mitspielen: Die Band Britta definiert ihren Sound als Post- Riot und überzeugt ungehört schon mal durch Songtitel wie „Ich würde Flyer drucken lassen“. Die Berlin-hamburgische Parole Trixie (man beachte die Affintät zu altmodischen Frauennamen) verspricht, „appellativ, glamourös und feministisch“ zu sein.
Das Schreuf/Wenzel/Gaier/Petzi Quartett aus bekannten Brüllen-, Zitronen, Sterne- und FSK-Mitgliedern kündigt sich mit Free Jazz an, was immer das in diesem Fall sein mag, während „Derrick“ aus Hamburg und völlig neu sind. Die Abteilung Gesang wird komplettiert durch Zigarettenrauchen aus Mitte und Nelja Stumps Kurzfilm „Hysterie und Zuversicht.“
Guten Willen elektronischerseits dokumentieren die DJs Bleed, Kazi Lenker und Taschensound, auf deren detailfreudige Sets man vertrauen kann. „Koalition gegen“ wird live House produzieren, was man auch von „Spiralen der Erinnerung“ annehmen darf, hinter denen sich Whirlpools Justus Köhnke verbirgt. Julian Goethe erforscht dagegen seit einiger Zeit die Untiefen der Popgeschichte nach längst vergessenen italienischen Trashblüten und verschollenen Soundtracks. Anlaß genug, tief in die staubige Kiste vergessener Soli-Rituale zu greifen: Kommt massenhaft! Ulrich Gutmair
„Gesang+Elektronik“. WMF, Johannisstr. 19, Mitte. Ab 21.30 Uhr.
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