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Brennstäbe für Atommeiler der 200 Mängel

■ Trotz internationaler Proteste bereitet die Slowakei das wegen veralteter Technik und Baumängeln kritisierte Atomkraftwerk Mochovce auf die Inbetriebnahme im Sommer vor

Bukarest (taz) – In der Slowakei laufen die letzten Vorbereitungen für die Inbetriebnahme des umstrittenen Atomkraftwerkes Mochovce an, das im August in Betrieb gehen soll. Vergangene Woche begann die slowakische Elektrizitätsgesellschaft „Slovenske Elektrarne“ mit dem Einlegen der Brennstäbe in den Reaktor.

Zugleich will die Slowakei auch einer internationalen Sicherheitskontrolle des Atomkraftwerkes zustimmen. Das versprach der slowakische Regierungschef Vladimir Meciar vor einer Woche nach einem Treffen mit dem österreichischen Kanzler Viktor Klima. Österreich und Ungarn haben in der Vergangenheit immer wieder Befürchtungen über Sicherheitsmängel des AKW geäußert.

Zwar finden in Mochovce regelmäßig Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) statt. Unabhängigen internationalen Experten gewährt die Slowakei jedoch keinen Zugang mehr zu Mochovce, seitdem diese 1995 einen kritischen Bericht verfaßt hatten, der insgesamt 200 Sicherheitsmängel am AKW auflistete. Kritisiert werden in dem Bericht vor allem die veraltete Technik sowie mangelnde Sicherheitsvorkehrungen. So wurden Mängel am Betonfundament und -mantel festgestellt, auch reiche der Feuerschutz nicht aus. Die Anlagen wurden außerdem während des fast dreijährigen Stillstands der Bauarbeiten kaum instand gehalten.

Bei den insgesamt vier Reaktoren des Atomkraftwerkes handelt es sich um Druckwasserreaktoren mit sowjetischer Technik, die eine Leistung von je 440 Megawatt bringen sollen. Zum Vergleich: Der Druckwasserreaktor in Brokdorf bringt 1.400 Megawatt. Der erste Reaktor des AKW Mochovce soll nach seiner Inbetriebnahme im August bis Jahresende seine volle Leistung erreichen. Für nächstes Jahr ist die Inbetriebnahme des zweiten Reaktors geplant. Wann die beiden verbleibenden Reaktoren arbeiten werden, ist noch unklar.

Die Tschechoslowakei hatte mit dem Bau des Atomkraftwerkes 1980 begonnen, diesen aber 1989 wegen Geldmangels ruhen lassen und 1991 mittels einer Regierungsentscheidung endgültig eingestellt. Die slowakische Regierung entschloß sich im Frühjahr 1992 dennoch, das Atomkraftwerk fertigzustellen. Finanziert werden die Arbeiten unter anderem durch ein westliches Bankenkonsortium sowie mit sowjetischen Geldern. An den Plänen zum weiteren Ausbau ist auch Siemens beteiligt.

Die Osteuropa-Bank (EBRD), die zahlreiche Infrastruktur- und andere Projekte in osteuropäischen Ländern finanziert, lehnte es 1995 allerdings ab, sich am Bau von Mochovce mit einem Kredit zu beteiligen. Grund dafür waren Sicherheitsbedenken und die Weigerung der Slowakei, Nachbarländern genaue Angaben über das Atomkraftwerk zu machen.

Österreich und Ungarn hatten in den vergangenen Jahren immer wieder eine öffentliche Kontrolle des Atommeilers angemahnt. Vor allem Ungarn fühlt sich von Mochovce bedroht, da das Atomkraftwerk 30 Kilometer von der ungarischen Grenze und 80 Kilometer von der Hauptstadt Budapest entfernt liegt. Mittlerweile hat Ungarn an seiner Grenze zur Slowakei Meß- und Alarmanlagen zur Überwachung der Radioaktivität aufgestellt.

Der slowakische Ministerpräsident versprach vergangenen Montag dem österreichischen Kanzler Viktor Klima, daß eine internationale Expertengruppe unter österreichischer Leitung Anfang Mai das Atomkraftwerk besichtigen dürfe. Ein ähnliches Versprechen hatte der slowakische Ministerpräsident bereits letztes Jahr gegeben, dann jedoch eine für März geplante Besichtigung verhindert. Keno Verseck

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