■ Warten auf Guildo: Gott ist in Birmingham
Um 15.50 Uhr betritt sie die Bühne. Nach einigen Einweisungen ins Sechziger-Jahre-Wellen- Bühnenbild beginnt die erste Probe: Dana International herself. Nach zehn Minuten ist die Gemeinde des auf ihren Sieg eingeschworenen Grand-Prix-Fanklubs ratlos, ja entsetzt: Sie kann sich nicht bewegen. Sie sieht steif aus, singt auch – traurig, aber wahr – nicht besser als unsereins in der Badewanne. Was hatte man sich von ihr nicht erhofft: Mit „Diva“, dem israelischen Lied des Wettbewerbs, sollte endgültig die Ära der Balladen und Pop-Halbheiten beerdigt werden. Dana International – eine Versagerin, eine Getriebene und Verfolgte, die nun den Preis zahlen muß für die Schmähungen durch das konservative Israel? Nun hat sie auch die Pressekonferenz abgesagt. Er sei indisponiert, heißt es seitens der Veranstalter. Er? Wollen die nicht begreifen, daß Dana seit vier Jahren eine Frau ist? Eine, bei der man selbst am Abend, beim großen Empfang der Bürgermeisterin von Birmingham, weder an den Knöcheln noch an den Wangenknochen, noch an der Stimme erkennt, daß dieser Körper versehentlich mit männlichen Attributen geboren wurde? Jedenfalls sagt Dana schließlich bei der Party, daß es nur eine erste Mikroprobe gewesen sei, „mehr nicht“. Einer fragt, wie es denn nun um sie in Israel stünde. Und sie sagt, „nur einige Rabbis sind gegen mich“. Aber einer „ist auf meiner Seite mit seiner ganzen Liebe, der steht noch über den Rabbis“. Und wünscht sich, „international eine bessere Botschafterin zu sein als Netanjahu.“ Apropos Liebe. Beide, Dana, aber auch Guildo Horn, finden momentan nicht das Vertrauen der britischen Wetter. Wer auf die britische Sängerin Imaani tippt, bekommt auf zwei Pfund nur fünf zurück. Deutschland findet sich nach dieser – allerdings vorläufigen – Einschätzung auf Platz 20 wieder, Israel immerhin doch auf Platz 15. Einer vom BBC-Regieteam meinte nach der ersten Pressekonferenz von Guildo Horn: „Möglicherweise ist das der Sieger. Oder der Verlierer. Er ist so ganz anders.“ Der Trierer Barde demonstrierte vor der internationalen Presse sein bestes Schulenglisch und verabschiedete sich: „Ssänk ju.“ Jan Feddersen
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