: Dubiose Troubadoure
■ Am Bremer Märchenfestival nimmt mit dem „Troubadour Märchenzentrum“ ein Verein mit rechter Vergangenheit teil / Herforder Behörde nennt sie esoterische Sekte
as Übersee-Museum, die Hansawelle und der Weser Kurier – prominente Institutionen unterstützen mit ihrem Namen auf der Titelseite des Programmhefts das am Wochenende beginnende 2. Bremer Märchenfestival. Und auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin hat Falko Kerkhoff, Manager des Festivalveranstalters City Initiative, den Namenszug einer weiteren Gruppierung an jener exponierten Stelle des Programmhefts anbringen lassen. Das Troubadour Märchenzentrum e.V. aus Vlotho, das, im Gegensatz zu den genannten Bremer Einrichtungen, eigentlich nur Teilnehmer des Festivals ist, wirbt für das Treffen „am märchenhaftesten Ort Deutschlands“. Eine fragwürdige Publicity für die Zusammenkunft der Zauberer und Feen. Denn das Troubadour Märchenzentrum steht seit Jahren in der Kritik. Hauptvorwürfe: Bis vor wenigen Jahren habe insbesondere Jean Ringenwald, charismatischer Kopf der Troubadoure, Kontakte zu Rechtsextremisten unterhalten. Zudem sei das Zentrum wie eine Sekte organisiert, verdiene sein Geld mit dubiosen Therapieausbildungen und versuche, speziell unter Jugendlichen krudes esoterisches Gedankengut zu verbreiten.
Von 1990 bis zum Umzug 1994 war das Troubadour Märchenzentrum Hausherr der Bildungsstätte Collegium Humanum in Vlotho, laut Verfassungsschutz eine zentrale Anlaufstelle für Rechtsextremisten. Leiter des Collegium Humanum war damals Werner Georg Haverbeck, ehemaliges NSDAP-Mitglied, NS-Funktionär und Vorsitzender des faschistoiden „Weltbundes zum Schutz des Lebens“. Gemeinsam mit Haverbeck, der 1981 zu den Unterzeichnern des rassistischen „Heidelberger Manifestes“ zählte und der Anfang der 90er Jahre führende Rechtsradikale wie Michael Kühnen oder Franz Uhle-Wetter im Collegium zu Gast hatte, war Jean Ringenwald im Vorstand des Collegium Humanum. In der Märchenzeitung der Troubadoure finden sich in dieser Zeit Beiträge der rechtsextremen AutorInnen Henning Eichberg und von Haverbecks Ehefrau Ursula-Haverbeck-Wetzel. Noch Ende 1996 würdigt Ringenwald, der sich in der Zwischenzeit vom Collegium Humanum distanziert hatte, die Eheleute Haverbeck in einem Gespräch mit dem Vlother Tageblatt als Personen, „die viel getan haben, um Menschen zusammenzubringen“.
Einen Großteil ihrer Einnahmen erzielt das Troubadour Märchenzentrum durch Schulungsangebote, in deren Mittelpunkt Märchen und Lichtmassagen als Heilmittel für alle erdenklichen Probleme der Welt ausgegeben werden. Arbeitslosigkeit, Kriege und Krankheiten seien durch eine Märchen-Therapie aus dem Weg zu räumen. Ringenwald selbst besitzt dabei, wie er gegenüber der taz bestätigte, keinerlei therapeutische Ausbildung. Vielmehr fühle er sich dazu berufen, „meine innere Erleuchtung zur Heilung meiner Umwelt einzusetzen“. Ringenwald verspricht zudem via Märchen-Therapie die Kontaktaufnahme zu „Göttlicher Gegenwart und Engeln“. Auch die wichtigsten persönlichen Probleme eines jeden seien „sofort zu lösen“. Angesichts dieses Umgangs mit Märchen sah sich die Europäische Märchengesellschaft dazu veranlaßt, sich „in aller Form“ vom Troubadour Märchenzentrum zu distanzieren.
Alle Versuche Ringenwalds, seinem Verein einen gemeinnützigen Anstrich zu geben, sind gescheitert. Der Paritätische Wohlfahrtsverband in NRW lehnte einen Aufnahmeantrag der Troubadoure ebenso ab ,wie es ihnen das Jugendamt des Kreises Herford verweigerte, sie als freien Jugendhilfeträger anzuerkennen. Begründung des Amtes: Das Zentrum weise „sektenähnliche Strukturen“ auf und sei eine „primär erwerbswirtschaftlich orientierte new-age-Kommune“. Fazit der Herforder: Die „erheblichen weltanschaulich-esoterischen Einflüsse“ der Troubadoure seien der Arbeit mit Kindern abträglich, weil sie „die zur Entwicklung der Persönlichkeit der jungen Menschen notwendige Pluralität der Erlebnismöglichkeiten nicht zuläßt.“
Trotz dieser Hintergründe sieht Falko Kerkhoff von der City Initiative keinen Grund, sich vom Troubadour Märchenzentrum zu distanzieren. Auch Christian Berg, Wellenchef bei Radio Bremen, hat mit den Troubadouren keine Probleme. „Wir haben das journalistisch gecheckt und finden nichts Anstößiges.“ Das sehen Kollegen von Berg anders. Die beiden WDR-Journalisten Klaus Bellmund und Kaarel Siniveer widmen dem Zentrum in einem Buch von 1997 einen eigenen Abschnitt. Untertitel des Buches: „Esoterik als Mittel rechtsradikaler Propaganda“. zott
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