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Die Clintons auf der Justiz-Achterbahn

Im Streit mit Sonderermittler Kenneth Starr erlebt der US-Präsident gleichzeitig eine Entlastung in der Whitewater-Affäre und eine Niederlage in den Ermittlungen um Monica Lewinsky  ■ Aus Washington Peter Tautfest

Mit der fristgemäßen Auflösung der Anklagejury in Little Rock, Arkansas, einer der beiden, die einen undurchsichtigen Immobiliendeal von Bill und Hillary Clinton aus dem Jahre 1978 aufklärten sollten, ist die sogenannte Whitewater-Affäre um den US-Präsidenten zu einem gewissen Abschluß gekommen.

Zwei Jahre lang hat Kenneth Starr in Little Rock Zeugen und Beweismittel zusammengetragen. Was ist dabei herausgekommen? Kenneth Starr hat die Geschworenen davon Überzeugt, die Anklage gegen Susan McDougal zuzulassen. Was hat die verbrochen? Da scheiden sich die Geister. Je nachdem, wie man ihr Verhalten wertet, erscheint Starr als übereifriger Staatsanwalt, der sein Amt mißbraucht, um Clinton zu Fall zu bringen, und Susan McDougal ist eine Heldin.

Oder das Ehepaar Clinton erscheint als lichtscheue Clique, durch deren politische und geschäftliche Karriere sich ihr Hang zur Unaufrichtigkeit ebenso zieht wie ihre Bereitschaft, Zeugen zu kaufen oder unter Druck zu setzen – und Susan McDougal ist von ihnen gekauft oder unter Druck gesetzt worden.

Susan McDougal ist die Frau jenes inzwischen verstorbenen Geschäftsmannes, der die Clintons in ruinöse Immobiliengeschäfte hineinzog. Sie soll bestraft werden, weil sie sich seit zwei Jahren konstant weigert, vor der Anklagejury auszusagen. Dafür hat sie schon 18 Monate in Beugehaft gesessen. Sie sagt, Starr wolle gar nicht die Wahrheit finden, sondern Clinton zur Strecke bringen, und dazu wolle er sie zu unwahren Aussagen zwingen. Starr hingegen sagt, McDougal schweige, weil sie etwas zu verbergen habe und in der Schuld der Clintons stehe.

Auch das Ehepaar Hubbel, das Kenneth Starr schon letzte Woche unter Anklage stellte, gehört für Starr zu den gekauften oder erpreßten Zeugen. Webster Hubbel, ehemals stellvertretender Justizminister und davor Sozius in einer Anwaltskanzlei, in der auch Hillary Clinton arbeitete, hat auch schon im Gefängnis gesessen, und zwar weil er seine eigene Firma sowie deren Klienten betrogen hat. Auch ihm wirft Starr vor, daß er mehr weiß, als er bisher vor seiner Anklagejury auszusagen bereit war.

Starr will Hubbel jetzt noch einmal vor Gericht bringen, weil er Gelder nicht versteuert haben soll, die er von Freunden Clintons nach seinem Ausscheiden aus dem Justizministerium ohne viel Gegenleistung bekommen hat. Starr behauptet, das seien Schweigegelder gewesen.

Die Hubbel-Clinton-Connection geriet diese Woche noch von anderer Seite unter Feuer. Dan Burton, der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus, der Clintons Wahlkampffinanzierung untersucht, beschlagnahmte Tonbandaufzeichnungen von Gesprächen, die Hubbel vom Gefängnis aus mit seiner Frau geführt hatte, und veröffentlichte sie – auszugsweise. Teile dieser Gesprächsprotokolle lasen sich zunächst wie ein Eingeständnis der Verwicklung Hillary Clintons in betrügerische Machenschaften. Die Demokraten im Ausschuß schrien auf und bestanden auf der Herausgabe der vollständigen Bänder. Da nehmen sich die Aussagen Hubbels nicht mehr so eindeutig aus – aber immer noch zweideutig genug.

In Juristenkreisen wird Starrs Vorgehen als legal, aber ungewöhnlich gewertet. Seine Gegner sehen sich in ihrem Vorwurf bestätigt, er tue genau das, was er Clinton vorwerfe: er mißbrauche seine Stellung und seine Machtfülle, um Zeugen unter Druck zu setzen.

Während die Schließung der Akten in Little Rock den Clintons eine gewisse Erleichterung bringt, steckte der Präsident in Washington gleich eine Niederlage ein. Dort tagt nämlich die zweite Grand Jury, die in Sachen Whitewater und im Sexskandal um Monica Lewinsky ermittelt.

Deren aufsichtführende Richterin hat gerade entschieden, daß Clintons engste Vertraute sich nicht auf das sogenannte executive privilege berufen können, ein Aussageverweigerungsrecht zum Schutz von Dienstgeheimnissen, sondern vor der Washingtoner Anklagejury über ihre Gespräche mit Clinton nach dem Bekanntwerden des Lewinsky-Skandals Auskunft geben müssen.

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