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Fast (k)eine Berufsausbildung

Handelskammer will 3.000 Hamburger Schulabgängern Praktika vermitteln  ■ Von Florian Marten

„Im Herbst wollen wir die Straßen leermachen“, verkündet stolz Hubert Grimm, Chef der Berufsbildungsabteilung der Hamburger Handelskammer. Pünktlich zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres will er in Betrieben der Hansestadt ein sogenanntes „Berufspraktikantenmodell“ einführen – und damit ausbildungssuchenden Jugendlichen Jobs verschaffen. Gespräche darüber zwischen Kammer, Arbeitsamt und Schulbehörde stehen kurz vor dem Abschluß.

Das Praktikantenmodell funktioniert so: Über das Arbeitsamt sollen Jugendliche ohne Ausbildungsplatz und Schulabschluß in Betriebe vermittelt werden. Für ein Taschengeld von 500 Mark im Monat, an dem sich das Arbeitsamt beteiligt, sollen die PraktikantInnen bis zu zwei Jahre lang betriebliche Realität kennenlernen und nebenbei den Hauptschulabschluß nachholen. So will die Handelskammer die für Herbst erwartete Lücke von rund 3.000 Ausbildungsplätzen in Hamburg schließen.

Das von Kammerchef Nikolaus Schües liebevoll „Bezubi“ getaufte Modell ist eine in Deutschland einzigartige Variante des „QUAS-Programms“ (Qualifizierung und Arbeit für Schulabgänger), welches Arbeitsamtschef Olaf Koglin vor einem Jahr entwickelt hat und auf das auch Hamburgs rot-grüne Regierung setzt. Bei QUAS arbeiten derzeit 400 Jugendliche die Hälfte der Woche in Betrieben; die restliche Zeit gehört theoretischem Unterricht. Damit sollen die Kids ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz verbessern.

Im Unterschied zu QUAS gesteht das Bezubi-Programm den TeilnehmerInnen nur einen Tag Schule pro Woche zu – an vier Tagen wird gewerkelt. Das hat den Vorteil, erklärt Hubert Grimm, daß die Unternehmen ihre PraktikantInnen größtenteils selbst bezahlen. „So können wir erheblich mehr Plätze schaffen.“ Von den 500 Mark, die die Jugendlichen pro Monat erhalten, übernehmen die Firmen gut 400 Mark. Für QUAS-TeilnehmerInnen dagegen zahlt der Staat allein.

Den Vorwurf, Bezubis seien nichts als billige Arbeitskräfte, will sich Grimm nicht gefallen lassen. „Das Projekt führt vorrangig zur Ausbildung und zweitrangig zu angelernter Tätigkeit“, erklärt er. Wenn die Jugendlichen während des Praktikums „ausbildungsplatzfähig“ werden, sollen sie in eine Lehre vermittelt werden.

Beim Gewerkschaftsbund (DGB), der auch an den Gesprächen beteiligt ist, hat man dennoch Zweifel. „Die Qualität der beruflichen Bildung steht auf dem Spiel“, heißt es dort. Kritik kommt auch von Gisela Beck, Geschäftsführerin des rennomierten Beschäftigungsträgers Gate: Zwar seien Programme, die betriebliche Praxis mit Qualifizierung verbinden, „generell gut“. Aber die „individuelle Perspektive für die Jugendlichen“ müsse im Vordergrund stehen. Genau das berücksichtige das Bezubi-Konzept zuwenig. „Zwei Jahre bei Budni Regale einräumen“ ist weder Qualifizierung noch Perspektive, findet Beck. „Die Kids brauchen intensive sozialpädagogische Betreuung. Wenn man die schulischen Defizite nicht ausgleicht, schaffen sie den Theorieteil der Ausbildung nicht.“

Die Handelskammer, kritisiert die Gate-Chefin, kümmere sich nicht genug um die Bedürfnisse der angehenden Azubis. „Ich sehe die Gefahr, daß Jugendliche keine ausreichende Qualifizierung erhalten. Ich bezweifle auch, daß dieses Programm es mit den Jugendlichen wirklich ernst meint.“ Vielleicht geht es der Kammer ohnehin um noch einen anderen Aspekt: Im Herbst ist Bundestagswahl, und da mag es ganz praktisch sein, wenn Bezubis „die Straßen leer machen..

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