■ Urdrüs wahre Kolumne: Hosenknopf ohne Kat
Kaum fühlt sich das Schweinesystem der universellen Gesamttücke von der Bedrohung durch die RAF endgültig befreit, da reckt es aufs Neue sein Haupt und sagt den Öffentlichen Meineid der jungen Landsknechte in Bremen einfach ab. Dabei hatten meine politischen Bezugsgruppen und ich uns mit Hilfe des Anarchistischen Kochbuchs und anderer emotionaler Frischzellenkuren schon bestens auf dieses Ereignis vorbereitet. Jetzt ist das alles umsonst, und wir können noch und nöcher warten, bis die wackere Hanseatin endlich mal Gelegenheit bekommt, ihren Hegemonialanspruch in der bewegten deutschen Restlinken zu erheben. Sauerei das!
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Kurz vor Muttertag ist zu erfahren, daß in Abschiebehaft eine ghanesische Mama gewaltsam von ihrem Söhnchen Kwaku Duah getrennt wurde: Noch hält der unverantwortliche Schreibtischtäter dafür Namen und Anschrift geheim, doch die gebenedeite Gottesmutter Maria wird ihn zu finden wissen und vor das Jüngste Gericht bringen. In diesem Fall bin ich für kurzen Prozeß und bitte darum, die Akten auf keinen Fall dem juristischen Rehabilitationsfall Schorschi von Bock und Polach anzuvertrauen.
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Ist also neulich der Hosenknopf gerissen, mitten in Walle und ohne erkennbaren Grund. Gottlob ist das türkische Schneiderlein gleich nebenan. Erklärt sich kurzerhand zum Annähen bereit, erledigt diesen Job mit großer Gewissenhaftigkeit und antwortet auf die Frage nach der Bezahlung nur: „Mußdu alle Deine Leute erzählen, daß ich meine alte Ford Escort verkaufe gut wie neu für zwölfhundert Mark und aber ohne TÜV und Kat.“ Auftrag hiermit erledigt – der Kontakt wird auf Anfrage hergestellt.
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Das ganze Geheimnis der hiesigen Sozialdemokratie ist in jenem großen Worte des wirtschaftsweisen Bürgerschaftsabgeordneten Detmar Leo ausgedrückt, das dankenswerterweise bereits vom Herrn Zott zitiert wurde, hier aber noch einmal zum Sticken auf das Sofakissen wiedergegeben werden soll: „Mit hauseigenen Bordmitteln haben wir das Blatt gestrickt.“ Und ergänzend fügen wir hinzu, daß Butter bei die Fische muß und der sozialpolitische Wind von vorn weht und der Schutz von Zaunkönigen oder Laubfröschen nicht dazu führen darf, daß die Arbeitsplätze der Arbeitnehmerschaft dieses Landes – irgendetwas in dem Sinne jedenfalls.
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Wie jetzt der anderen örtlichen Heimatzeitung zu entnehmen war, erdreisten sich Sachbearbeiterinnen des hiesigen Sozialamtes im Kampf gegen vermeintliche Scheinehen sogar, die Verwandtschaft der entsprechend verdächtigten Bräute auf das Vorhandensein des fremdhäutigen Schwiegersohnes aufmerksam zu machen. Liberaler Lichtpunkt bei dieser Kampagne zur „Scheinehen-Hochburg Bremen“ ist da immerhin mein alter Weggefährte Dieter Trappmann von der anderen Seite der Straße, der versichert: „Wir schnüffeln ja nicht bei jeder binationalen Ehe herum, sondern nur, wenn begründete Verdachtsmomente vorliegen.“ Und in einer so indifferenten Zeit wie heute hängt der Ausländeramtsleiter sogar noch der Position an, daß die Fronten stets deutlich zu unterscheiden sind, denn: „Wenn einer sagt, das Bett im Schlafzimmer stehe links, und der andere sagt ,rechts', dann werden wir hellhörig!“ Lechts und rinks kann man nicht velwercksern. Werch ein Illtum...
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Stellvertretend für die liebenswerten BremerInnen aller Nationen, die noch über ein halbwegs klares Feindbild verfügen, sei heute die Gigi von der Asylgruppe Ostertor zum Geburtstag beglückwünscht – nicht nur von
Ulrich „Baba“ Reineking
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