piwik no script img

Durchs DröhnlandWunderbar verquer

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Superlive wollen neue Wege in der Präsentation von Tanzmusik bestreiten. Das Trio, dessen Mitglieder schon beim Caspar Brötzmann Massaker, Wuhling und den Reality Brothers gespielt haben, versteht sich zwar als Band, will sich aber im Raum verstecken, das übliche 90minütige Frontalkonzert zu den Akten legen und statt dessen mit Gastmusikern und DJs eine ganze Nacht bestreiten. Ein passender Auftakt für das Atelier 4.R, in dem der ehemalige Programmacher des Roten Salons in Zusammenarbeit mit der Volksbühne und der Akademie der Künste nun eine Vision von Räumen verwirklicht, in denen man „arbeiten, halluzinieren, projektieren, anspannen und ausspannen“ kann.

8.5., 22 Uhr, Atelier 4.R,

Akademie der Künste, Pariser

Platz 4, Mitte

C.I.A. sind das Neben- und Spaßprojekt einiger überaus prominenter Deutschpunkmusikanten, darunter Herrschaften, die sonst bei Slime, Heiter Bis Wolkig, Chaos, Inferno, Stunde X, Mimmis oder den Rubbermaids mittaten oder noch mittun. Nur hört sich das Ganze leider nicht nach Spaß an, sondern nach Stumpfrock. Mit Disaster Area und Frank Z., 8.5., 20 Uhr, SO 36, Oranienstraße 190, Kreuzberg

Den vorsichtig depressiven Gruftrock, der in den 80ern mit The Mission oder Fields of the Nephilim Reibach machte, spielen heute noch Into The Abyss aus Berlin und Grass Harp aus Wolfsburg. Da dängeln die Gitarren und balzen die Sänger, daß es sich einem die Haare ganz automatisch aufstellt.

9.5., 21.30 Uhr, Schoko-Laden Mitte, Ackerstraße 169/170

So wie sich die Elektronauten niemals weder personell noch auf ein einziges Medium festklopfen ließen, so streben auch die elektronischen Miniaturen auf ihrem Debüt-Album „Collective Induced Fiction“ in alle Richtungen. Von kaltem Klappern bis zu jazziger Wärme, von einem entspanntem Off-Beat zu hektischen Jungle-Rhythmen stecken sie ab, was Computer aktuell hergeben. Beim Auftritt werden natürlich wieder sämtliche verfügbaren Medien eingesetzt, denn so richtig tanzen kann man zu ihrer Musik nicht.

9.5., 23 Uhr, Kalkscheune,

Johannisstraße 2, Mitte

Die halten Jeans für glamourös, Punkrock für das nächste große Ding und Oslo für den Nabel der Welt. Turbonegro haben sich von Norwegen aus aufgemacht, der Welt den wahren Rock 'n' Roll zu bringen, als hätten sie noch nicht so recht mitgekriegt, daß die Welt inzwischen zwei Umdrehungen weiter ist. Von den Rockern allüberall werden sie dafür trotzdem und völlig zu Recht gefeiert. Was soll man schon halten von einer Band, deren Sänger aussieht wie ein Jesus, den Bauarbeiter vom Kreuz abgenommen und ihn anschließend im Bauwagen abgefüllt haben. Lippenstift und Matrosenhütchen sind auch im Angebot, bratzende Gitarren und einfache Melodien mit Ewigkeitsanspruch. Man muß den Glauben an die Rockmusik nicht wiedergewinnen. Man kann auch einfach so seinen Spaß haben.

9.5., 22 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56, Mitte

Servotron kommen aus Finnland, sind ein Seitenprojekt der Man Or Astro-Man? und hören sich an wie die Kindergartenversion der schon recht kindlichen B-52's. Musikalisch gibt das nicht die Welt her, mit dünnen Gitarren einen auf Weltraum- Surf zu machen, also haben sich Servotron zur ersten Band erklärt, die komplett aus Robotern besteht. Ironischerweise ist ihre Musik bei weitem handgemachter als vieles, was momentan so zu hören ist.

10.5., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

Asian Dub Foundation sind der aktuellste Versuch, der politischen Beliebigkeit den nötigen Starrsinn entgegenzusetzen. Der mag damals nicht erfolgreich gewesen sein, heute wirkt er manchmal wie das selige Paradies aus alten Zeiten, als man noch sicher sein konnte, wo rechts und links sind. So beschimpfen die Nachkommen indischer Einwanderer die Clash als Poser, die Regierung Blair als verkappt rassistisch und die Plattenindustrie sowieso. Und jetzt, wo sie es sagen, denkt man sich: Die haben ja schon immer recht gehabt. Das Perverse an ebendiesen Zeiten, die die Londoner so vehement verurteilen, ist es, daß genau dieses Rummeckern sie vornehmlich interessant macht. Mal sehen, was sie tun, wenn das Geschäft versucht, sie zu verdauen. Ach ja, Musik war da auch noch: Ganz nebenbei haben sie noch den seit einer halben Ewigkeit interessantesten Versuch abgeliefert, HipHop und Rock zu verschmelzen. Doch anstatt sich am Arsenal von Metal-Riffs zu bedienen wie die meisten vor ihnen, bevorzugen sie das Gitarrengeschleife der New Wave, und ihre Beats spreizen sich auf höchst wunderbare Weise verquer gegen allzu große Eingängigkeit. Das mit indischen Sounds anzureichern ist nur noch Dreingabe. Hier kann man hören, wie drei Musiken aufeinandertreffen und sich abstoßen, um dann genau aus diesem Konflikt etwas Neues und ziemlich Großartiges zu erschaffen.

13.5., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg

Hätten Led Zeppelin jemals einen zusammen mit den Red Hot Chili Peppers durchgezogen, vielleicht wären dann Mars durch die Schwaden gekrochen. Das Münchner Trio walzt den Hardcore breit aus und seziert ihn dann genüßlich. Das nennen sie dann psychedelisch und vergessen doch tatsächlich nicht, ein wenig Rhythmus unterzulegen, bei dem der eine oder andere vielleicht mitmuß. Inmitten der gemütlich donnernden Gitarren fällt nur der gewollte Bösewichtgesang hin und wieder unangenehm auf. Die besten Momente sind sowieso die rein instrumentalen.

14.5., 21.30 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei! Thomas Winkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen