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Einigung über Senkung der Fehlbelegungsabgabe

■ Ein Drittel der 32.000 Fehlbeleger sollen künftig von der Abgabe befreit werden. Die Kosten von 40 Millionen Mark soll der Bausenator übernehmen. Kritiker zweifeln am Sinn der Senkung

Eine beinahe unendliche Geschichte hat nun doch ein vorläufiges Ende gefunden. Am Mittwoch abend einigte sich der Koalitionsausschuß aus CDU und SPD über eine Senkung der Fehlbelegungsabgabe. Ein Drittel der bislang 32.000 Fehlbeleger sollen künftig von der Abgabe befreit werden.

Damit konnte sich die SPD mit ihrer Forderung nach einer schrittweisen Änderung der Abgabe weitgehend gegen die CDU durchsetzen, die eine generelle Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe per Bürgerentscheid gefordert hatte. Noch kurz vor der Sitzung des Ausschusses hatte der CDU-Generalsekretär Volker Liepelt mit der Forderung nach einem Bürgerentscheid für die Abschaffung der Abgabe für einen handfesten Koalitionskrach gesorgt.

Nach der nun vereinbarten Senkung sollen ab 1999 nur noch diejenigen die Fehlbelegungsabgabe zahlen müssen, deren Einkommen 50 Prozent über den Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus liegt. Wer bislang nur 1,25 Mark oder 2 Mark pro Quadratmeter zahlt, soll künftig ganz von der Abgabe befreit werden. Die 40 bis 50 Millionen Mark Einnahmen, die dem Land damit verlorengehen, sollen von Bausenator Jürgen Klemann (CDU) aufgebracht werden.

Klemann selbst war es, der seit Monaten für eine drastische Senkung der Abgabe die Werbetrommel rührte. Der Grund: Spätestens seit der zunehmenden Abwanderung zahlungskräftiger Mieter ins Umland und der Entmischung in den Neubausiedlungen des sozialen Wohnungsbaus gilt der CDU die teilweise oder ganze Aufhebung der Fehlbelegungsabgabe, um die in der Koalition bereits seit zwei Jahren gestritten wird, als Königsweg zur „Rettung“ der Siedlungen vor dem „Abkippen“ und der „Verslumung“.

Die SPD dagegen, allen voran Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing, bezweifelte dagegen den sozialpolitischen Effekt einer solchen Aufhebung. In der Tat: Den bisher 32.000 Fehlbelegern stehen immerhin 300.000 WBS-berechtigte Haushalte in den Sozialwohnungen der Stadt gegenüber. Auch Reiner Wild vom Berliner Mieterverein zeigte sich in der Vergangenheit deshalb skeptisch. Die hohen Mieten seien nur ein Grund für den Wegzug vieler Familien, andere Gründe lägen im „schlechten Umfeld“ der Siedlungen, dem nur durch einen „ressortübergreifenden Einsatz aller Kräfte“ beizukommen sei.

Doch der CDU ging es im Streit um die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe weniger um die Verbesserung der Bedingungen für die Mehrheit der Neubaubewohner, sondern um eine einseitige Verbesserung für die weniger als 10 Prozent Besserverdienenden. Immerhin war dieses Anliegen dem Bausenator sogar einen Alleingang wert. Bereits im April hatte Jürgen Klemann für 17.000 Wohnungen in elf Siedlungen die Abgabe aufgehoben – ohne Rücksprache mit der SPD. Uwe Rada

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