: Riester für ein neues Arbeitsgesetz
■ IG-Metall-Vize Walter Riester will neue Höchstarbeitsgrenzen, nannte aber keine Zahlen. Für differenzierte Arbeitszeitverkürzung
Hannover (taz) – Der zweite Vorsitzende der IG Metall, Walter Riester, der seiner Nominierung als Sozialminister in Gerhard Schröders Schattenkabinett entgegensieht, hat am Samstag in Hannover eine Korrektur des Arbeitszeitgesetzes verlangt. In dem Arbeitszeitgesetz, das bisher noch eine 60-Stunden-Woche erlaubt, müßten Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten vernünftig definiert und Überstunden geregelt werden, sagte Riester am Ende eines dreitägigen arbeitszeitpolitischen Kongresses der IG Metall in Hannover. Welche wöchentliche Höchstarbeitszeit er als künftiger SPD-Sozialminister festschreiben möchte, ließ Riester allerdings offen.
Wie der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel plädierte auch Riester in Hannover für eine weitere erhebliche Arbeitszeitverkürzung. Die Forderung nach der 32-Stunden-Woche mit Lohnausgleich, die Zwickel zum Auftakt des Kongresses bekräftigt hatte, wollte sich sein Stellvertreter jedoch nicht zu eigen machen. „Wir brauchen zwar eine Arbeitszeitverkürzung in einem solchen Volumen und müssen sie angehen“, sagte Riester, plädierte dann aber dafür, sich verschiedene Wege offenzuhalten. Die IG Metall müsse mit ihren Mitgliedern intensiv und ernsthaft „über Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeitverkürzung reden“. Auch über Qualifizierungszeiten ist für Riester eine differenzierte Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung möglich.
Deutlich wurden in Hannover vor allem die Schwierigkeiten, die die IG Metall bei einer weiteren Arbeitszeitverkürzung noch zu überwinden hat. Ausgiebig diskutiert wurden von den 450 Kongreßteilnehmern jene drei Vereinbarungen über Wochenarbeitszeiten mit mehr als 35 Stunden, die die IG Metall in den vergangenen Monaten notgedrungen abgeschlossen hat. Damit konnte die Gewerkschaft lediglich noch längere Wochenarbeitszeiten verhindern, wie sie etwa bei Siemens durch Ausgliederung von einzelnen Betriebsteilen drohten. Mit Verweis auch auf das Metallhandwerk, wo Arbeitszeiten noch über 35 Stunden liegen, sprach Riester in Hannover davon, daß eine weitere generelle Arbeitszeitverkürzung nur noch in einem immer kleiner werdenden industriellen Kernbereich durchzusetzen sei.
Demgegenüber erklärte es Zwickel zur Aufgabe der Kongreßteilnehmer, die Mehrheit der IG-Metall-Basis „für ein neues arbeitszeitpolitische Projekt zu gewinnen“. Die Gewerkschaftsführung müssen den Mitgliedern auch in der arbeitszeitpolitischen Diskussion eine Orientierung geben. Jürgen Voges
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