: Sieben magere Jahre für die Kirche
■ Kirchenparlament entscheidet über Millionenkürzungen
„Sieben magere Jahre“ stehen der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) bevor, witzelte gestern Inge Gurlit, Vizepräsidentin des Kirchenausschuß. Dabei dürfte der Kirche eigentlich nicht zum Lachen zumute sein: Die BEK muß ihren Haushalt bis zum Jahr 2002 um zehn Millionen Mark eindampfen – wegen Kirchenaustritten und sinkender Steuereinnahmen aufgrund hoher Arbeitslosigkeit. Diese Zahlen und ein Sparkonzept legte gestern der Kirchenausschuß vor. Es soll am kommenden Mittwoch vom Kirchenparlament abgesegnet werden.
Laut Sparkonzept sollen die 69 Gemeinden sieben Millionen Mark, die Krankenhausseelsorge, das Arbeitslosenprogramm sowie der kirchliche Entwicklungsdienst, Diakonie und die Seemannsmission 2,5 Millionen Mark sparen. Doch von einem – wie von der kirchlichen Personalvertretung befürchteten – „massiven Personalabbau“ könne bei weitem keine Rede sein, beschwichtigte gestern der Kirchenausschuß. Die Zahlen, die der Leiter der Kirchenkanzlei Johann Daniel Noltenius nannte, sprechen aber eine andere Sprache: Von den jetzt 1.300 kirchlichen Stellen müssen bis zum Jahr 2002 35 Prozent abgebaut werden. Im letzten Jahr wurden 31 MitarbeiterInnen betriebsbedingt entlassen, und seit 1994 durch u.a. Vorruhestand 100 Stellen „sozialverträglich“ abgebaut, so der Kirchenausschuß weiter. Zwar sei über „herbe Rausschmißmethoden“ berichtet worden (wir berichteten) , doch Tatsache sei: Der notwendige Stellenabbau gehe „behutsam“ vor sich.
Gleichwohl gehe es jetzt ums „nackte Überleben“, machte gestern Schatzmeister Jürgen Albrecht klar. In den letzten zwei Jahren traten fast 6.000 BremerInnen aus der Kirche aus. Der Haushalt beliefe sich in diesem Jahr auf 108 Millionen Mark, die Rücklagen seien jetzt mit 80 Millionen Mark schon zur Hälfte aufgebraucht.
Doch trotz drastischer Haushaltslage erteilte der Kirchenausschuß einem von Personalvertretern geforderten „Bündnis für Arbeit“ eine klare Absage. Das Einfrieren von Gehältern und kürzere Arbeitszeiten könnten nicht „zentral von oben“ verordnet werden. „Die Kirche ist kein Konzern“, sagte BEK-Schriftführer Louis-Ferdinand von Zobeltitz. Die Gemeinden seien laut Kirchenverfassung im Personalbereich autonom – und sollen laut neuem Konzept jetzt noch autonomer werden. Eigene Gemeindebudgets sind geplant. Damit können die Gemeinde selber entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben und z.B. jetzt auch eine Pastorenstelle zugunsten anderer halbieren. Ganze Pastoren abzuschaffen ginge jedoch nicht – wegen des Beamtenstatus. Daß Angestellte künftig mehr bluten müssen als Pastoren wies der Kirchenausschuß aber zurück: Auch die 150 Bremer Pastoren hätten, z.B. durch Weihnachtsgeldkürzungen, „erhebliche Einschnitte“ hinnehmen müssen. kat
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