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Gibt's für Kranke nur noch das Nötigste?

■ Wenn es nach den Arbeitgebern geht, sollen sich die Deutschen bei der Rente wie der Krankenversorgung in Zukunft mit einer "Basissicherung" bescheiden. Auf keinen Fall dürfe die SPD die Kohlschen S

Bonn (AFP/dpa) – Die Arbeitgeber haben weitere soziale Einschnitte gefordert. Renten- und Krankenversicherung sollten auf „Basissicherungen“ reduziert werden, forderte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, am Montag in Bonn. Dazu sollten die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung eingefroren, die Hinterbliebenenrente abgeschafft und die private Vorsorge gestärkt werden. Die Leistungen der Krankenversicherung sollten auf das „medizinisch Notwendige“ reduziert und die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern eingeschränkt werden.

Als Ziel nannte Hundt die Senkung der Sozialbeiträge auf unter 38 Prozent. „Wir müssen runter von den beschäftigungsfeindlichen Rekordmarken unserer Steuer- und Abgabenbelastung“, sagte Hundt und bezog das BDA-Konzept ausdrücklich auf die kommende Bundestagswahl.

Kritik übte Hundt an SPD-Ankündigungen, im Falle eines Wahlsiegs einen Teil der Sozialkürzungen der derzeitigen Bundesregierung zurückzunehmen. Die vom SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder angekündigten Bemühungen um ein neues „Bündnis für Arbeit“ bewertete er zurückhaltend. Grundsätzlich bevorzuge er solche Bündnisse auf betrieblicher Ebene. Allerdings seien die Arbeitgeber auch über die betriebliche Ebene hinaus jederzeit zu Gesprächen bereit. „Eines ist aber klar: Wer ein solches Bündnis für Arbeit will, kann nicht gleichzeitig beschlossene Reformen rückgängig und zusätzlich milliardenträchtige Versprechungen machen.“

Scharf lehnte Hundt die vom designierten SPD-Arbeitsminister und stellvertretenden IG-Metall- Chef Walter Riester vorgeschlagene „milliardenschwere, bedarfsorientierte Mindestrente nach dänischem Modell“ ab. „Das ist überholtes, wohlfahrtsstaatliches Verteilungsdenken, das die Steuer- und Abgabenlast inflationär hochtreiben würde.“ Auf „solch utopischen Grundlagen“ könne kein Bündnis für Arbeit wachsen.

In ihrem eigenen Konzept plädieren die Arbeitgeber dafür, die soziale Absicherung auf die Risiken zu begrenzen, die den einzelnen überfordern. Die gesetzliche Rentenversicherung kann laut Hundt „ohnehin keine Lebensstandardsicherung im Alter sein“. Die Beitragsbemessungsgrenze solle eingefroren werden, bis diese das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt erreicht. Die dadurch entstehenden Mindereinnahmen sollten durch „weitere strukturelle Reformmaßnahmen“ aufgefangen werden, insbesondere eine Neufassung der Rentenformel.

Der Arbeitgeberpräsident betonte, für die bisherige Hinterbliebenenversorgung gebe es keinen Bedarf mehr, weil immer mehr Frauen eigene Rentenansprüche erwerben. Daher solle bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente das eigene Einkommen stärker angerechnet werden. Ausdrücklich lobte Hundt die Tarifpolitik der letzten zwei Jahre.

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