: Privatisierung von Schönefeld fraglich
■ SPD-Fraktionschef Böger kündigt an, daß notfalls Bund oder Land den Großflughafen vorfinanzieren. Auch Flughafenholding ist über Privatisierung sehr skeptisch. Potentielle Investoren fordern vorab st
Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen kommen mit dem Bau des Flughafens Schönefeld International möglicherweise Milliardenkosten auf die SteuerzahlerInnen zu. Kurz vor der Abgabefrist für Angebote von Investoren scheint die anvisierte rein private Finanzierung des Projekts fraglich. SPD- Fraktionschef Klaus Böger sagte gestern: „Man hört, daß die Angebote so sind, daß staatlicherseits finanzielle Beiträge nötig sind.“
Für diesen Fall, kündigte Böger an, müsse notfalls der Staat einspringen – ob Bund oder Land, darauf wollte sich der SPD-Mann nicht festlegen. „Wenn alle Stricke reißen, schließen wir nicht aus, daß der Bau vom Staat allein bezahlt wird und wir uns nachher einen privaten Betreiber suchen“, sagte Böger gestern auf einer Sitzung der SPD-Fraktion auf dem Gelände des Flughafens Schönefeld.
Böger plädiert nach wie vor für die private Finanzierung des neuen Single-Flughafens in der Hauptstadt. Wenn aber potentielle Investoren bereits vorab weitere staatliche Zuschüsse forderten, dann stelle sich eben die Frage, ob man den Flughafen nicht vollständig vorfinanziere. Hauptsache, so Böger, sei die rechtzeitige Fertigstellung. „Eine Hauptstadt ohne leistungsfähigen Flughafen ist eine Provinznummer“, so Böger.
Dabei scheint sich die Erkenntnis, daß eine rein private Finanzierung des etwa 8 Milliarden Mark umfassenden Projekts scheitern könnte, nicht nur bei der SPD durchzusetzen. Auch in der CDU wurden bereits ähnliche Überlegungen angestellt. Selbst der Geschäftsführer der Flughafenholding, Götz Herberg, äußerte sich gestern mit vorsichtiger Skepsis über den Verlauf der Privatisierung. „Wir sind heute an dem Punkt, daß nur noch zwei Konsortien verblieben sind, die hoffentlich bis zum 2. Juni bei der Stange bleiben und ihre Angebote einreichen“, sagte Herberg.
Vor zehn Tagen hatte sich erneut ein Bieter für den Flughafen (von ursprünglich sieben) zurückgezogen. Die genauen Gründe konnte Herberg nicht nennen. Allerdings habe das Konsortium – der US-Baukonzern Bechtel, die Commerzbank und der Flughafen Copenhagen – Vorabzusagen finanzieller Art verlangt, die man nicht habe gewähren können.
Am 2. Juni läuft die Abgabefrist für die Investorenangebote ab. Im Herbst soll dann entschieden sein, wer den Flughafen baut. Findet sich ein geeigneter Investor, würde dieser dann rund 75 Prozent an der Flughafenholding übernehmen, aus dem Verkaufserlös sollen die Schulden der Holding (derzeit etwa 730 Millionen Mark) gedeckt werden. Mit einem Investitionsvolumen von etwa 8 Milliarden Mark kann der Investor dann nach den erarbeiteten Planungsvorgaben der Holding den Flughafen bis zum Betriebsstart im Jahr 2007 bauen. Derzeit bieten noch das IVG-Konsortium aus der Dresdner Bank, der Dorsch Consult und dem Flughafen Wien sowie das Konsortium um Hochtief mit dem Flughafen Frankfurt, Siemens und ABB Calor. Barbara Junge
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