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Erbärmliche Beratung

■ Verbraucher-Zentrale kritisiert Bremer Apotheken für Beratung über Schlankmacher

„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Apotheker“ – ob man nach dieser Befragung über die Risiken und Nebenwirkungen bestimmter Waren im Angebot der Apotheken allerdings tatsächlich informiert ist, steht auf einem anderen Beipackzettel. Die Verbraucher-Zentrale jedenfalls fällt über die Bremer Apotheken in puncto Beratungsqualität ein vernichtendes Urteil und stellt ihnen gar „ein Armutszeugnis“ aus. Hintergrund dieser Beurteilung: Eine von der Verbraucher-Zentrale durchgeführte Marktanalyse zum Thema Gewichtsreduktion.

Zwei Mitarbeiterinnen der Zentrale hatten sich anonym in 24 Apotheken im Stadtgebiet danach erkundigt, wie sie einige Kilo abnehmen könnten. 80 Prozent der getesteten Apotheken empfahlen daraufhin den beiden normalgewichtigen bzw. sehr schlanken Frauen Schlankheitsmittel. Die sind nach Ansicht der Verbraucher-Zentrale mit Blick auf eine langfristige Gewichtsabnahme völlig ungeeignet. Keiner der 24 Apotheker erkundigte sich nach bestehenden Krankheiten, nur vier empfahlen die Umstellung der Ernährung ohne Einnahme von Diätprodukten. Der Hinweis auf mehr Bewegung oder weniger Süßigkeitenverbrauch hatte ebenfalls Seltenheitswert.

Irmgard Czarnecki von der Bremer Verbraucher-Zentrale zeigte sich enttäuscht von diesem Ergebnis. „Mit einer seriösen Ernäh-rungsberatung hat das nichts mehr zu tun“, sagte sie. Vielmehr versuchten die Apotheken, auf Kosten der hilfesuchenden KundInnen ihre Produkte loszuwerden. Czarnecki plädierte deshalb für die Verbannung von Schlankheitsmitteln aus dem Sortiment von Apotheken. „Diese überflüssigen, teilweise schädlichen Produkte haben in einer Apotheke nichts zu suchen.“

Michael Cramer, Geschäftsführer der Apothekerkammer, zeigte sich über das Analyseergebnis wenig erfreut. „Aber man darf von dieser schmalen Datenbasis aus keine Urteile über die 200 Bremer Apotheken fällen“, sagte er. Es sei für Apotheken, die knapp zehn Prozent ihres Umsatzes mit derartigen Nebenprodukten erzielten, nunmal schwer, sich im strengen Wettbewerb mit den Drogerien zu behaupten, zumal die Apotheken ihre qualifizierten Beratungsdienste, anders als ÄrztInnen, nicht honoriert bekämen. zott

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