■ Indonesiens Diktator verspielt den letzten Rest seiner Legitimation: Sicherheitsrisiko Suharto
Präsident Suharto hat in Indonesien 32 Jahre diktatorisch regieren können, weil es ihm auch gelungen ist, die wirtschaftliche und soziale Situation großer Teile der Bevölkerung zu verbessern. Doch von früheren hohen Wachtumsraten kann in Indonesien heute nur noch nostalgisch geträumt werden. Vielmehr droht jetzt die schwere Krise der Bevölkerung all das wieder wegzunehmen, was sie sich in den letzten Jahrzehnten mühsam aufgebaut hat. Ohne Wirtschaftsaufschwung fehlt Suhartos Herrschaft jedoch nicht nur jede Legitimität. Suharto ist vielmehr zum größten Hindernis zur Lösung der Krise geworden. Früher konnte sich der Diktator des viertbevölkerungsreichsten Landes der Welt als Garant der Stabilität anpreisen. Heute garantiert er nur noch Instabilität.
Mit seiner Absage an jegliche politische Reformen während seiner Amtszeit hat Suharto die Einsicht ins Notwendige vermissen lassen. Schon zuvor hatte er jede Gelegenheit verstreichen lassen, mit halbherzigen Reförmchen wenigstens Verständnis zu zeigen. Angesichts seines sturen Verhaltens, seiner geschwundenen Legitimation bei fortgesetzter politischer Entmündigung der Bevölkerung und sich weiter zuspitzender Wirtschaftskrise sind die anhaltenden Proteste nicht nur legitim, sondern geradezu zwangsläufig. Es ist schwer vorstellbar, wie unter Suharto das Vertrauen in die Wirtschaft wiederkehren soll.
Doch noch steht Suhartos Sturz nicht unmittelbar bevor. Noch hat er das Militär hinter sich und profitiert von der mangelnden Geschlossenheit der Opposition. Seinem Regime gelingt es jedoch nicht mehr, die Proteste zu ersticken. Inzwischen ist auch kaum noch vorstellbar, daß sich die seit mittlerweile drei Monaten protestierenden Studenten mit weniger als Suhartos Rücktritt zufriedengeben werden. Die Bevölkerung sympathisiert mit ihnen. Jedes gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte mobilisiert zunehmend auch die bisher Unpolitischen gegen Suharto.
Damit droht der Einsatz des Militärs für den Diktator nach hinten loszugehen. Wer auf wehrlose Studenten schießen läßt, verspielt jegliche noch verbliebene Legitimation. Im Unterschied zu Suharto sieht der zum starken Mann aufgestiegene Generalstabschef und Verteidigungsminister Wiranto die Notwendigkeit der Reformen, wenn auch nicht unbedingt in dem von den Studenten gewünschten Maß. Bei anhaltenden Unruhen könnte jedoch bald der Punkt kommen, an dem Suharto nicht nur für sein Land, sondern auch für den ehrgeizigen Wiranto und die Interessen des Militärs zum Sicherheitsrisiko wird. Sven Hansen
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