„Zur Vernunft gekommen“

UKE-Skandal: Schmerzensgeld für Brustkrebs-Strahlenopfer. Die Einigung läßt weitere Zahlungen bei möglichen Spätfolgen zu  ■ Von Silke Mertins

Verbissen und unnachgiebig kämpft Wilhelm Funke seit Jahren für die Opfer des UKE-Strahlenskandals. Gestern nun konnte der PatientInnenanwalt einen „Durchbruch“ vermelden: Er einigte sich mit der Wissenschaftsbehörde auf einen Vergleich. Brustkrebspatientinnen, die im Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) falsch bestrahlt und gesundheitlich geschädigt wurden, bekommen endlich Schmerzensgeld. Ihnen wird eine Entschädigung zwischen 20.000 und 25.000 Mark gezahlt.

Eine Einigung war bisher gescheitert, weil Funke auch mögliche Spätfolgen seiner MandantInnen berücksichtigt sehen wollte. Der nun geschlossene Vergleich gesteht den Brustkrebspatientinnen zu, erneut Forderungen zu stellen, wenn weitere Folgeschäden auftreten oder ihr Zustand sich verschlechtert. Außerdem werden ihre Anwaltskosten übernommen.

Konkret geht es bei dem Vergleich um vier Musterfälle, die auch vor Gericht behandelt wurden. Funke will nun seinen anderen 80 Mandantinnen „empfehlen“, den Vergleichstext ebenfalls zu unterschreiben. Besonders schwere Einzelfälle, in denen die Schmerzensgeldpauschale nicht angemessen ist, werden laut Funke „gesondert behandelt“.

Der PatientInnenanwalt ist zufrieden, daß die zuständige Wissenschaftssenatorin Krista Sager (GAL) nun akzeptiert, „was sie vor kurzem noch abgelehnt hat“. Allzu lange sei sie offenbar „falsch beraten“ worden. Erst als Rechtsanwalt Henning Heckscher von der Behörde als Sonderbevollmächtigter eingesetzt wurde, sei man „endlich zur Vernunft gekommen“. Sager habe „sich dem Sachverstand gebeugt“, denn „sie konnte gar nicht mehr anders“, sagt Funke.

Sager selbst bezeichnet die Einigung als „großen Schritt nach vorn“ für die betroffenen Frauen. „Ich freue mich, daß wir für die Patientinnen in einer schwierigen Situation doch noch zu einer Einigung gekommen sind.“ Sie beeilt sich auch zu betonen, daß seit ihrem Amtsantritt bereits 3,5 Millionen Mark an Opfer des UKE-Strahlenskandals ausbezahlt wurden.

Das UKE war vor fast fünf Jahren erstmals wegen falscher Strahlentherapie in die Schlagzeilen geraten. Es war bekannt geworden, daß von 1980 bis 1990 in der UKE-Radiologie unter Leitung von Professor Klaus Henning Hübener KrebspatientInnen schwer geschädigt worden waren. 290 PatientInnen meldeten damals Schadensersatz an.

1995 geriet zusätzlich der frühere Chef der Radiologie der UKE-Frauenklinik, Professor Hans-Joachim Frischbier, in den Verdacht, Krebspatientinnen mit zu hohen Dosen bestrahlt zu haben. Die Entschädigungsansprüche werden insgesamt auf rund 30 Millionen Mark geschätzt.