: Die Kinder in den Camps
■ Holger Mohaupt besuchte mit Puppenspielern Flüchtlingslager in Kroatien / Sein Dokumentarfilm läuft heute im Offenen Kanal
taz: Holger Mohaupt, Du hast im vergangenen Sommer zusammen mit einer britischen Puppentheatergruppe Flüchtlingslager in Kroatien besucht. Was habt ihr dort gemacht?
Holger Mohaupt: Die Gruppe hat für die Kinder in den Lagern Puppentheater gespielt. Und zwar zwei Stücke mit eigens dafür entworfenen Puppen. Das eine Stück heißt wie die Gruppe selbst: River Phoenix. Im zweiten Stück, Pepe, der Zauberer flüchtet Pepe vor einem Oberzauberer ins Publikum. Die Kinder hatten ihren Spaß.
Wer hat das finanziert?
Das wurde rein aus Spenden und Benifizauftritten bezahlt. Öffentliche Gelder sind jedenfalls keine geflossen.
Und dein Dokumentarfilm „Hvala“ dreht sich um diese ungewöhnliche Theatertournee?
Ja. Die Gruppe hat jemanden gesucht, der das Ganze dokumentiert. Meine Freundin hat die Bühnenbilder für die Puppen-Stücke gemalt, und dann bin ich eben mit der Videokamera mitgefahren. Wobei man nun sagen muß, daß der Film jetzt kein Road-movie über die Tournee selbst geworden ist. Das haben wir zwar überlegt, aber wir haben es dann verworfen. Es ist ein Film über Kinder geworden. Über Kinder in Flüchtlingslagern. Das bot sich bei dem Thema Puppentheater einfach an. Wir haben viele Interviews geführt, und wir zeigen, wie die Kinder in den Flüchtlingscamps leben. Dabei handelt es sich übrigens um bosnische Flüchtlinge, die nach Kroatien gekommen ist, weil es dort gerade ruhig ist.
Wie sieht es dort aus?
Die Situation ist absurd. Die kroatischen Flüchtlingscamps sind nämlich oft in irgendwelchen ehemaligen Touristenhochburgen an der Adria untergebracht. Da hat man jetzt einfach den Platz. Einmal fragten wir nach einem Camp, und uns wurde gesagt: „Da, im ,Hotel Split', da ist es.“ Und wir konnten es zuerst gar nicht glauben: „Im ,Hotel Split', das ist doch ein Fünf-Sterne-Hotel.“ Aber genau da war dann das Camp, in dem Fünf-Sterne-Hotel.
Das hört sich an, als ob es den Flüchtlingen gut geht.
Nein, das kann man nicht sagen. Eine Familie wird dort in einem Zimmer untergebracht, und teilweise sind es dort große Familien. Das heißt dann zehn, zwölf Menschen in einem Raum. Außerdem werden die Hotels nicht mehr gewartet, und es gibt im ehemaligen Jugoslawien ja schon recht lange Krieg. Zudem sind die Lebensmittel rationiert. Gut geht es da ganz bestimmt keinem.
Verfolgst du mit der Dokumentation eine bestimmte Technik oder einen bestimmten Ansatz?
Es ist eine Gemeinschaftsarbeit, deshalb ist der Film ganz anders geworden als das, was ich sonst mache. Ich habe den Film mit Dragan Matijevic zusammen gemacht. Die Interviews stehen im Vordergrund. Normalerweise produziere ich kurze experimentelle Videos – ich habe an der Hamburger Hochschule für bildende Künste studiert. Diese rein dokumentarische Arbeit mache ich hier zum erstenmal.
Und wie würdest du die Arbeit bewerten?
Rein vom filmischen her war es sehr interessant. Mal sehen, wenn alles gutgeht, fahren ich im September wieder mit den Puppenspielern in die Camps.
Fragen: Dirk Knipphals
Holger Mohaupts Dokumentation wird heute um 20 Uhr im Offenen Kanal Hamburg gesendet.
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