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Die den Albatrossen die Flügel verleihen

Alba Berlin ist zum zweiten Mal deutscher Basketball-Meister. Der Erfolg rührt aus sportlichem Ehrgeiz und modernem Dienstleistungsmanagement, das die Geschäftsführerin Andrea Seefeld und der Vereinsmanager Marco Baldi vertreten. Der Verein boomt wie ein Börsenunternehmen  ■ Von Holger Stark

Andrea Seefeld ist schon in Hochform, als die Basketballer von Alba gerade erst in der Max- Schmeling-Halle eintreffen. „Das ist einfach nicht drin“, sagt sie, und die Stimme untermalt, daß sie das richtig ernst meint. Dann holt sie tief Luft und erklärt dem geknickten Security-Mann ruhig, aber bestimmt, was nun wirklich nicht geht: daß nämlich die Profi-Spieler ihre Autos ganz normal in den Seitenstraßen der Max-Schmeling-Halle parken müssen, nur weil die Vizepräsidenten des Vereins alle VIP- Parkplätze vor der Halle blockieren. „Die müssen sehen, wo sie bleiben.“ Andrea Seefeld schüttelt den Kopf. „Beim letzten Spiel ist Wendell Alexis fast vom Parkplatz geschmissen worden, das kann einfach nicht sein.“ Mittlerweile hat das auch der Sicherheitsbeauftragte verstanden und faßt noch mal zusammen: So kann das nicht sein. Erst die Spieler, dann das Präsidium. Das ist Andrea Seefeld, Geschäftsführerin bei Alba. Ihr Job: die Dinge so zu arrangieren, daß sie reibungslos laufen, und das von Jahr zu Jahr immer besser.

„Früher“, sagt Marco Baldi und schnellt katzenartig nach vorne, „früher hatte ich sehr rote Gedanken. Es war allerdings nie so, daß ich ein Pazifist war, der mit der weißen Feder rumläuft.“ Daß er nicht zimperlich in der Verwirklichung seiner Ideale ist, glaubt man Marco Baldi gerne, wenn er über die Philosophie von Alba doziert: Von einer Vereinsneugründung zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen habe sich der Klub entwickelt. Der Erfolg basiere auf Menschen, die bereit seien, mit allerhöchster Qualität und Intensität zu arbeiten. Die Fans hätten ein Anrecht auf 100 Prozent Einsatz der Spieler. Das ist Marco Baldi, Manager von Alba. Sein Job: das Team in der europäischen Spitze zu verankern, dafür Spieler zu kaufen und bei Sponsoren die nötigen Gelder zu sichern.

Andrea Seefeld und Marco Baldi haben ihre Jobs gut gemacht. Die Spieler sind zufrieden, die Fans sowieso und auch die Sponsoren. Gestern hat Alba die deutsche Basketball-Meisterschaft gewonnen, und das zum zweiten Mal in Folge. Alba ist in Deutschland die Nummer 1. Und Alba hat sich auf leisen Sohlen unter die Top ten in Europa geschlichen.

In Berlin ist ein Verein gewachsen, der sportliche Höchstleistungen bringt, von den Fans geliebt wird und im Gegensatz etwa zu Hertha BSC eine makellose Weste ohne Skandale vorweisen kann. 1991, als Andrea Seefeld gerade bei Alba anheuerte, hat sie die Karten für die dreihundert ZuschauerInnen noch per Hand ausgemalt. Heute kommen im Schnitt rund sechstausend BesucherInnen.

Der moderne Sportverein boomt wie ein Börsenunternehmen. Es sind die kleinen Dinge, die ihn von der Konkurrenz unterscheiden. Mitten in der Saison hatten plötzlich die Alba-Cheerleader, die in den Auszeiten über das Parkett tänzeln, dieses gelbe McDonald's-„M“ auf den Trikots. Wieviel Geld dafür auf Albas Konten fließt, bleibt Andrea Seefelds Geheimnis. Sicher ist nur: Mit Karstadt, Faber-Sekt, Coca-Cola oder Mercedes-Benz befindet sich der Burger-Riese in guter Gesellschaft. Mit der Sportfirma adidas verbindet Alba außerdem eine weitergehende Partnerschaft. Seitdem kann man in der gesamten Bundesrepublik blaugelbe Alba- Jerseys kaufen, Sweatshirts und Shorts mit dem Vereinslogo. „Wir sind weiter, als viele denken“, sagt Marco Baldi nicht ohne Stolz. Bevor der 36jährige 1990 zu Alba kam, leitete er die Marketing-Abteilung eines schwäbischen Hightech-Unternehmens.

Bei neun Millionen Mark Jahresumsatz und einer überwiegend gut gefüllten Max-Schmeling- Halle ist Alba an einem Punkt angekommen, der für viele wachstumsstarke Jungunternehmen zum Problem wird: Irgendwann fehlt das Kapital, um die notwendige Expansion zu finanzieren. Für geschätzte ein bis zwei Millionen Mark im Jahr hat die Recyclingfirma Alba dem Verein den Namen gegeben, die Sponsorenleiste zieren bereits 13 Namen, die Bandenwerbung ist ausgeknautscht bis auf den letzten Zentimeter. „Wir müssen weiter wachsen“, seufzt die gelernte Bankbetriebswirtin Seefeld, „sonst kannst du international nur schwer bestehen.“

Als Seefeld bei Alba anfing, hatte sie von Basketball soviel Ahnung wie Verona Feldbusch von Nachrichtenjournalismus. Also jettete sie in die USA zum NBA-Profiteam der Phoenix Suns und lernte, wie man einen professionellen Basketballverein aufzieht. Seitdem finden sich bei Alba Elemente wieder, die sehr amerikanisch und dem deutschen Sport um Jahre voraus sind: Zweimal im Jahr importiert der Verein aus den USA Cheerleader-Trainer, die es tatsächlich geschafft haben, aus einem Aerobic-Kurs für Anfängerinnen so etwas wie eine respektable Tanzformation zu bilden. Die Dramaturgie in der Max- Schmeling-Halle ist mit professionellem Sprecher, eigenen Musik- Trailern und Halbzeit-Spielen Lichtjahre von der alten Westberliner Sömmeringhallen-Atmosphäre entfernt. „Der Umzug in die Max-Schmeling-Halle war eine neue Dimension“, sagen Baldi und Seefeld übereinstimmend, und es waren die Alba- Spiele, die der neuen Halle in Berlin so schnell breite Akzeptanz verschafften.

Marco Baldi, der Mitte der achtziger Jahre selbst zwei Saisons für den Alba-Vorgänger DTV Charlottenburg auf Korbjagd ging, bastelt dazu intensiv am sportlichen Konzept. Mit Coach Svetislav Pesic, Co-Trainer Burkhard Prigge und einem Konditionstrainer, der eigens aus Ex-Jugoslawien eingeflogen wird, bietet Alba das Beste, was im Basketball-Bereich auf dem Markt ist. Seit 1993 besteht eine Partnerschaft mit der Talentschmiede TuS Lichterfelde, aus der bereits diverse Nationalspieler hervorgingen. Baldis neuestes Projekt ist ein Basketball-Internat für die besten Nachwuchsspieler in Deutschland. Die Kids sollen aus der ganzen Republik nach Berlin kommen, vernünftig untergebracht und betreut werden und daneben viel und intensiv Basketball spielen. „Wir wenden uns an die besten“, sagt Baldi, „an die, die das wirklich wollen.“

Diese Mischung aus Sportbegeisterung und professionellem Management läßt Alba so erfolgreich sein. Da erzählen Seefeld und Baldi in ihrem Büro, wo die künftigen Potentiale liegen: im Merchandising, wo sie Alba als bundesweiten Verein etablieren wollen, ähnlich wie man auch in Berlin Borussia-Dortmund-Shirts trägt. Oder im TV-Bereich, wo 1999 die Rechte für die Klubs frei verhandelbar werden und Alba auf zusätzliche Einnahmen hofft. Dann geht Andrea Seefeld raus in die Halle, knuddelt den Sohn von Albas US-Star Wendell Alexis, als wäre das Ganze ein Familienunternehmen. Und Marco Baldi sieht versonnen aus dem Fenster und sagt: „Solange Michael Jordan nicht nur der am besten bezahlte, sondern auch der am besten spielende Basketballer der Welt ist, so lange glaube ich an diesen Sport.“ Spielbericht Seite 19

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