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So ein Tag, so ein Tor und so ein Glücksgefühl

■ Inka Grings ist die Frau des Tages bei Rumelns 6:2 im DFB-Pokalfinale über den FSV Frankfurt

Berlin (taz) – Es war halt, sagte sie, „so ein Tag“. Muß stimmen: Das behauptete auch die Musik. Und es war, Basler hin oder her, das Tor des Tages. Knapp jenseits der Mittellinie hatte sie den Ball übernommen, die Gegenspielerin Stumpf stehen lassen, die Torhüterin Kraus umkurvt und dann das Ding ins leere Tor geschoben. Und zwar in das, hinter dem es blauweiß vor lauter Duisburg war.

6:2 hat der FC Rumeln-Duisburg die Favoritin FSV Frankfurt im Berliner DFB-Pokalfinale geschlagen, jenes Team, das als Bundesliga-Meisterin bereits feststeht und die Konkurrenz in dieser Saison mächtig abgehängt hat. Drei Tore hatte Inka Grings gemacht, eines selbstbewußter als das andere.

Man muß das in Relation setzen. Seinen Titel hat der FSV zuletzt vor 800 Leuten manifestiert. Grings ihrerseits ist 19, macht gerade ein Praktikum beim Fußballverband Niederrhein und wird danach dort Bürokauffrau lernen. Ihr Trainer sagt, sie sei „eine tolle Frau“. Besonderes Kennzeichen: Sie „erfährt immer alles als letzte“.

Und dann das: Als sie dieses 6:2 gemacht hatte, drückten ihr 40.000 ihre Anerkennung aus. Das, sagte sie, sei „ein Glücksgefühl, das man nicht beschreiben kann“. Auch nicht mit Geld aufwiegen, einer Prämie etwa. „600 Mark oder so“, hat sie vermutet. Die exakte Summe hatte sich noch nicht bis zu ihr herumgesprochen.

Für Jürgen Strödter war es auch „so ein Tag“. Nur anders. Der Frankfurter Macher stand in seiner kurzen roten Hose am Spielfeldrand und mußte sehen, wie das dominierende Team der 90er Jahre – wie schon manches Mal zuvor – plötzlich nicht konnte, als es galt. Ein Torfraufehler in der Anfangsphase, zudem fast nur verlorene Zweikämpfe, seine „geballte Macht an Erfahrung“, die im Saisonverlauf gerade 13 Gegentore bekommen hatte, lag nach einer halben Stunde 0:4 zurück. Wie das zuging? Strödter erbat Bedenkzeit, ihm falle „spontan nichts ein“.

In dieser Luxusausführung, Duisburgs Trainer Jürgen Krust, sei so etwas „natürlich nicht planbar“. Ansatzweise schon. Statt des häufig gescheiterten Versuchs, sich gegen die FSV-Offensive einzumauern, hatte Krust Gegenoffensive angeordnet. Nationalkapitänin Martina Voss durfte rechts die Offensivkräfte Grings, Nieczypor und Meinert unterstützen, statt wie zuletzt in der Liga vor der Abwehr zu wischen. Hinten paßten dafür mit Altnationalspielerin Nardenbach und Jungnationalspielerin Hoffmann zwei hinter den Fraudeckerinnen auf.

So hatten Birgit Prinz und Sandra Smisek, das seit einigen Jahren ligabeherrschende Sturm-Duo, statt eines großen, einen leisen Abgang. Die eine, Prinz (21), geht zum Ligazweiten Praunheim, die andere, Smisek (21), zum Dritten – nach Rumeln. Dort soll sie die Polin Jolanta Nieczypor ersetzen, die sich mit zwei Treffern groß verabschiedete. Nieczypor ist eine Gute, aber Smisek, sagt Krust, sei dennoch „eine Verstärkung“.

Der Mann war sichtlich zufrieden. Im „wichtigsten Spiel des Jahres“ gewonnen – nicht nur den Pokal, sondern vor allem Aufmerksamkeit. Und vielleicht vergißt der eine oder andere nicht so schnell, daß Duisburg eben doch den DFB- Pokal gewonnen hat – und der jetzt im Westen am Waldborn steht? Zudem: Bahnt sich da mit Smisek und Grings ein neues wunderbares Toremacherinnen-Duo an? Womöglich auch im DFB-Team? Nicht daß Grings da noch nicht gespielt hätte. Hat sie – achtmal. Seit zwei Jahren wird sie von DFB- Trainerin Tina Theune-Meyer herangeführt – schön langsam.

Nach einer Rückenverletzung kam sie aus dem Tritt und erst zur Liga-Rückrunde wieder richtig in Schuß (zehn Saisontore). Mit Smiseks Hilfe will sie künftig zunächst einmal in der Liga „ganz vorne mitspielen“. Krust lobt ihr Laufpensum, ihre Beidfüßigkeit und sagt schon mal, demnächst - bei weiter verbesserter Technik - werde an ihr „auch die Theune-Meyer nicht mehr vorbeikommen“.

Er jedenfalls ist sicher: „Sie ist die künftige Stürmerin der Nationalmannschaft.“ Stammstürmerin, meint er. Vielleicht hat er ja einen exklusiven Tip von der Nationalkapitänin gekriegt – die ist immerhin seine Lebensgefährtin. Grings selbst jedenfalls weiß noch von nichts. Aber die erfährt ja eh immer alles als letzte. pu

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