: Tabus am Nasenring
■ Wolf Biermann erhielt Nationalpreis. In der Dankesrede Attacken gegen Gysi und Stolpe
Berlin (dpa) – Der Liedermacher Wolf Biermann ist am Sonntag in Berlin für seine Verdienste um die deutsche Einheit mit dem mit 100.000 Mark dotierten Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung ausgezeichnet worden. Helmut Schmidt würdigte Biermann als einen Menschen, der stets Zivilcourage bewiesen und ein Stück deutscher Identität gestiftet habe. Der sächsische Staatsminister Arnold Vaatz (CDU), der früher der Bürgerbewegung „Neues Forum“ angehörte, bezeichnete Biermann als „Katalysator des Siechtums der Diktatur in der DDR“. Er habe durch die Wucht seiner Sprache die staatstragenden Tabus am Nasenring durch die Landschaft geführt und sie lachend nach seiner Gitarre tanzen lassen.
Biermann bekräftigte in seiner Dankesrede die Kritik an Politikern wie dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) und dem PDS-Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi. Er nannte sie „Karrierekünstler und davongekommene Täter.“ „Wenn Vertreter demokratischer Parteien in Deutschland sich nach dem Wahlsieg der DVU gemeinsam mit dem Stasispitzel Gregor Gysi (...) in der Talkshow darüber austauschen, wie man die totalitären Rechten bekämpfen kann, na dann würde ich in dieser perversen Logik vorschlagen, daß PDS und DVU eine Minderheitsregierung bilden, die mit Duldung der Höppner-SPD das Land Sachsen-Anhalt noch weiter ruiniert.“
Den Nationalpreis nannte Biermann „einen Kuß in die Seele“. Er sei ein Batzen Geld „als Lohn für zwei Pfund Bürgertugend, ein Säckchen deutsch-deutsche Vaterlandsliebe und das bißchen Drachentöterei in der DDR“.
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