: Kopfgeld auf Kinder
■ Erneute Sparorgie bei Kitas droht: Bis zu 30 Millionen Mark sollen gekürzt werden
Wenn es um Einsparungen im Kita-Bereich geht, kann von peanuts keine Rede sein: Die Kindertagesbetreuung hat seit 1995 zwecks Haushaltskonsolidierung jährlich sechsstellige Beträge eingebüßt. Und das nicht nur durch die Einführung der Verläßlichen Halbtagsgrundschule. Der Alternative Wohlfahrtsverband SOAL befürchtet nun, daß es bis zum Jahr 2002 zu einer erneuten Sparorgie kommen wird.
„Im Gespräch sind Kürzungssummen zwischen 14 und 30 Millionen Mark“, weiß SOAL-Geschäftsführer Claus Reichelt. Seine Kritik: Diese Politik verlagere die Gelder von den Einrichtungen in die Jugendknäste – mehr Polizei und weniger Pädagogik, anstatt die Kinder auf die zukünftigen gesellschaftlichen Probleme optimal vorzubereiten. „SPD und GAL haben offensichtlich alle notwendigen Visionen aufgegeben“, moniert Reichelt.
Offenbar hat die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB) vor, den Finanzierungsmodus der Kindergärten zu verändern. Dafür müßte die „Allgemeine Pflegesatzvereinbarung“ (APSV) aufgekündigt werden. Bislang hat die Stadt die Einrichtungen quasi pauschal finanziert, soweit die Kindergartenbeiträge nicht von den Eltern gezahlt wurden. Bei einer Neuregelung könnte es analog zu anderen Bundesländern zu einem „Kopfgeld“ als Grundlage der Finanzierung kommen: Pro Kind und Platz wird ein bestimmter Betrag finanziert, die Eltern übernehmen ihren Eigenanteil, und der Träger kann sehen, wo er den Rest herbekommt.
Senatorin Rosemarie Raab hat alle Wohlfahrtsverbände am 22. Juni in die Behörde eingeladen. Ob dann bereits neue Globalrichtlinien bekanntgegeben werden, ist noch unklar. „Wir werden erst nach dem Gespräch zu konkreten Inhalten Stellung beziehen“, wiegelte Behördensprecherin Viola Griehl gestern ab. Ganz nebenbei wurden bereits die Gelder für die berufsbegleitende Ausbildung von KindergärtnerInnen gestrichen. Zudem sollen die Krippenplätze flächendeckend von acht auf sechs Stunden reduziert werden.
Lisa Schönemann
Am 24. Juni um 10 Uhr findet dazu im SOAL-Büro in der Eifflerstraße 3 ein Treffen statt.
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