Down under auf der Suche nach den Reserven

■ Triathlet Lothar Leder arbeitet noch härter, um sich dann bald weniger quälen zu müssen

Stuttgart (taz) – Über Siege wie diesen kann sich Lothar Leder (27) ganz besonders freuen. Weil sie so kurz sind und so schnell. Nur 1.000 Meter schwimmend und knapp neun Kilometer laufend mußte der Triathlet aus Darmstadt leiden, um als Sieger des Stuttgarter „Swim & Run“-Wettbewerbs, der zweiten Etappe der Triathlon-Top-4-Tour rund um die Schwabenmetropole, festzustehen. 37 Minuten und 37 Sekunden brauchte er dafür, ein Hauch von Nichts gegenüber dem Acht-Stunden-Wahnsinn, den Leder über die Ironman-Distanz (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen) sonst betreibt.

Dritter wurde er vergangenen Oktober auf Hawaii, im fränkischen Roth blieb er vor zwei Jahren als erster Mensch überhaupt unter der immer noch als magisch geltenden Acht-Stunden-Grenze. Das hat ihm einigen Ruhm eingebracht und auch ein bißchen Geld – vor allem aber immer mehr die Einsicht, daß, so absurd das klingen mag, sein Naturell mehr zur Kurzstrecke neigt (1,5 km/40 km/10 km), für die in zwei Jahren in Sydney erstmals olympische Medaillen verteilt werden. Das mit seinen 40 bis 50 Wochenstunden Umfang fast schon unmenschlich anmutende Langstreckentraining verabscheut er immer mehr. „Das ist mir einfach zuviel“, sagt er, mit „Mönchsein“ vergleicht er die Selbstkasteiung der Ironman-Kollegen im täglichen Training.

Noch mehr, seit er Anfang des Jahres für drei Monate in Australien war, wo derzeit der Ton angegeben wird über die Kurzstrecke. Wie der Läufer Dieter Baumann in Kenia, war Leder Down under Mitglied einer Trainingsgruppe. Für deutsche Triathlonverhältnisse „sehr, sehr wenig, aber dafür sehr, sehr hart“ wurde dort trainiert, zumal der „Gruppenstreß“ gegenseitig zum Äußersten anstachelte. „Australien hat mir gezeigt, wo wir in Deutschland auf der Kurzstrecke stehen: ziemlich weit hinten.“ Wie weit, erfuhr Leder bei seiner Teilnahme an der in Australien sehr beliebten Sprintserie: 17. von 25 Startern, allesamt Profis, wurde er dort.

Sein Training hat Leder trotzdem wieder deutschen Verhältnissen angeglichen. „Doppelt soviel, aber genauso hart wie in Australien“ geht er seit seiner Rückkehr zu Werke, auf rund 35 Stunden pro Woche kommt er damit. Das nennt er selbst zwar „Spiel mit dem Feuer“, aber schließlich bleiben die medienwirksamen Auftritte in Roth (12. Juli) und Hawaii (3. Oktober) die Höhepunkte einer Saison, schon weil es Wunsch der Sponsoren ist. Frühestens Mitte nächsten Jahres soll die Konzentration dann ganz Olympia gehören, schon davor möchte er nochmals nach Australien reisen, dann für fünf Monate. „Ich habe gesehen, daß ich noch Reserven habe“, faßt Lothar Leder die Eindrücke seines ersten Aufenthalts zusammen. Bis Olympia will er sie mobilisiert haben. Frank Ketterer