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Mit Scorpions-Soli zum Sieg

■ H-Blockx und DNL – gute Laune mit ziemlich ordinären Schweinerock-Allüren

Eigentlich haben alle nur die Augenbrauen hochgezogen und „Echt?“ gefragt, wenn ich erzählt habe, ich ginge zu einem Konzert der H-Blockx. Der Band aus Münster haftet der Geruch des Wellenreitertums an, mit einem bis in die kaum vorhandenen Nuancen hinein auf Charterfolg gestylten Produkt abzusahnen, was der mittlerweile ziemlich gegessene alternative Musikkuchen noch hergibt. Doofer Crossover, mit dem ein doofes Publikum doofe Parties feiern kann.

Ist diese öffentliche Meinung über die H-Blockx möglicherweise nur eine von (zu) kritischen Kritikern herbeigeredete? Wäre schließlich nichts neues, wo doch der die das Intellektuelle sich immer noch gern mit gerümpfter Nase über Dinge mokiert, die von einer Mehrheit nachvollzogen werden können. Im Feldversuch ergab sich dann leider, daß sich das naserümpfend Angekündigte bewahrheitet: Die H-Blockx sind einfach nur eine ziemlich ordinäre Hardrock-Band, die sich letztlich höchstens in der Zutatenliste von anderen ganz ordinären Hardrock-Bands unterscheidet.

Die H-Blockx mischen ihren muskelprotzenden Metal mit dem, was nach Biohazard unter Hardcore verstanden wurde, geben hier und dort Sprechgesang hinein, was sich immer prima als 'HipHop-Einfluß' verkaufen läßt, und schließlich, um auch das Interesse kleiner Mädchen zu wecken, geben sie noch eine Instantportion Grunge dazu, also den Hardrock der Neunziger, um eine emotionale Ebene zu schaffen. Aber Schweinerock bleibt es allemal. Spätestens, wenn mal wieder, wie in fast jedem Song, ein entsetzliches Scorpions-Gitarrensolo sein furchtbares Antlitz erhebt.

Und wenn im Kehrreim eines Liedes einer singt: „Eines Tages werde ich dich finden/ eines Tages werde ich unsere Träume wahrmachen“, dann wird auch hier die Scorpionshaftigkeit dem offenbar, der sich die Mühe macht, ein Ohrenmerk auf die Texte zu richten. Nicht, daß die jetzt so wichtig wären, ersteinmal. Gute Musik muß ziemlich oft mit schlechten Texten leben. Aber beim H-Blockx-Konzert im Modernes sangen alle mit, was ja ein gewisses Bewußtsein von den lyrischen Inhalten voraussetzt.

Identifikation. Hier tanzte und hüpfte und feuerzeugte (bei den Balladen) die optimistische Jugend mit geschorenem Nacken. Sie hatte bezahlt und wurde unterhalten. Und die alten Hardrock-Spiele funktionieren immer noch: Hallo Bremen, seid Ihr gut drauf? Ich kann Euch nicht hören! Und wenn ich so mache, dann ruft Ihr alle so laut Ihr könnt: Ich bin ein Bi-Ba-Butzemann (nach Belieben zu ersetzen). Ihr seid das beste Publikum der Welt!

Der Vollständigkeit halber sei noch die Vorband DNL erwähnt, die sich mit der gleichen Rezeptur am gleichen Markt versucht, nur mit deutschen Texten und um ein erhebliches ungeschickter. Hier gab es keinen Millimeter Ironie, wie später bei den H-Blockx, die wenigstens von ihren Bierbäuchen wußten und mit einem ganz und gar erstaunlichen Bauchtanz für Amüsement sorgten.

Standards us-amerikanisch. Die Zielgruppe war begeistert, der Rezensent nicht, woraus die Konsequenz folgt, daß er das nächste Mal den H-Blockx fernbleiben wird. Aber könnte nicht mal jemand solchen Bands verbieten irgendwas von Revolution zu singen?!

Andreas Schnell

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