: Die Stimmung ist gut
■ Spezielle international ausgerichtete Programme sollen deutsche Universitäten für ausländische Studenten wieder attraktiver machen
Heidelberg, Göttingen, Berlin. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts mußte man dort studiert haben, um in der Welt von Forschung und Lehre etwas zu werden. Egal ob in Chemie, Physik oder Biologie, deutsche Universitäten waren weltbekannt, Forscher wie Oppenheimer begannen hier ihre Karrieren. Bis in die 60er Jahre behielten die deutschen Unis ihren Nimbus als exzellente Ausbildungsorte.
Doch in einer Zeit, in der die Wissenschaftssprache längst Englisch geworden ist, hinken die deutschen Bildungsstätten hinterher. Bachelor-Abschlüsse wurden nicht anerkannt, ein wesentliches Kriterium für einen Abschluß war die „Kenntnis der deutschen Sprache“. Kaum überraschend, daß amerikanische Universitäten für Studenten aus vielen Ländern interessanter waren.
„Bildung hat sich zu einem Markt entwickelt“, sagt Anette Pieper-Branch, Referatsleiterin für die Modellstudiengänge mit internationaler Ausrichtung beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Durch interessante Rahmenbedingungen, wie international anerkannte Abschlüsse, kürzere Studienzeiten, Vorlesungen in Englisch und Deutsch, sollen die deutschen Universitäten ausländische Studenten, vor allem aus dem asiatisch-pazifischen Raum, ansprechen: „Ziel ist nicht eine multikulturelle Universitätslandschaft, sondern frühzeitig potentielle Wirtschaftskontakte zu knüpfen. Wenn man in einem fremden Land studiert, hat man danach eine ganz andere Beziehung dazu“, so Pieper-Branch. Daher wurden zwei Programme entwickelt: die auslandsorientierten Studiengänge, vom Bildungsministerium mit 30 Millionen Mark – zunächst bis zum Jahr 2000 – gefördert, und das Master-plus-Programm, das seine Mittel vom Auswärtigen Amt bekommt. Im vergangenen Wintersemester haben bundesweit bereits 21 Modellprojekte für Studiengänge mit internationaler Ausrichtung ihre Arbeit aufgenommen. In diesem Jahr werden 17 weitere Projekt hinzukommen. Die Programme stießen im Ausland zwar meist auf reges Interesse, Studierende aus dem asiatisch-pazifischen Raum wurden jedoch nur teilweise erreicht. „Die Programme sprechen hauptsächlich die Schwellenländer an“, kritisiert Hans-Heinrich Limbach, Leiter des Master-plus-Studienganges Chemie an der Freien Universität Berlin. Die Bilanz für die übrigen Studiengänge ist ähnlich. Von den etwa 300 ausländischen Programmteilnehmern kam nur ein Viertel aus dem asiatischen Raum, ein Viertel aus den GUS-Staaten, der Rest aus der ganzen Welt.
Dennoch: „Das Stimmungsbild ist sehr positiv“, resümiert Anette Pieper-Branch nach einem ersten Erfahrungsaustausch, „im ersten Semester gab es bei den Modellprojekten keine Abgänge, doch die Projektleiter weisen darauf hin, daß die Betreuung der Studierenden wichtig ist.“ Ein Problem sind Rekrutierungs- und Werbestrategien der deutschen Unis. „Eine Marketingstrategie, wie sie die Manchester University in Großbritannien durchführt, ist hier nicht vorstellbar“, sagt Anne Kathrin Jansen vom DAAD. „Ein Mitarbeiter der Hochschule reist da durch die Welt und rekrutiert Studenten. Dabei prüft er, ob die Interessenten geeignet sind und den Abschluß schaffen können.“
Eine gemeinsame Strategie, wie die Teilnehmer der Modellprogramme in Zukunft bei der Studentenwerbung verfahren, gibt es noch nicht. „In einer Arbeitsgruppe wird man sich weiter mit diesem Thema beschäftigen“, sagt Anne Bussmann, Koordinatorin des Studienganges International Agricultural Sciences an der Humboldt-Universität. Bis dahin kocht jede Universität ihr eigenes Süppchen. Einige setzen auf die Verbreitung durch das Internet, andere geben ihre Flyer den Dozenten auf Auslandsreisen mit.
Geld gibt es zunächst nur für die nächsten zwei Jahre. Bis zum Jahr 2000 muß sich gezeigt haben, ob die deutschen Universitäten wieder international konkurrenzfähig gemacht werden können. Ob dies trotz aller Sparmaßnahmen gelingt, scheint fraglich. Karin Hahn
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