■ Buchtip: Domlektüre
„...in der Dom-Umgebung, die vollgekotzt ist
mit Beton; ein Platz für
die Platzangst,
ein Terror der Öde,
des windigen Nichts;
kein Schäufelchen,
kein Museum: die
nächsten Archäologen
brauchen da nur Dynamit
– an dieser Stadt
ist nichts mehr zu
beschreiben, nur
abhauen hier –
so wären wir fertig und
könnten nun gehen,
aber
wir sind es nicht...“
Der neue literarische Führer „Der Kölner Dom“ versammelt nicht nur ehrerbietige Texte. Neben „kritischer Domliteratur“ der Gegenwart (siehe oben) ist auch solche aus dem 19. Jahrhundert aufgenommen. Damals sollte die aus der Frühen Neuzeit stammende Bauruine im Geiste des neuen deutschen Nationalismus endlich fertiggestellt werden.
Der Dom, so Heinrich Heine, ist ein „Riesenkerker“, in dem „die deutsche Vernunft verschmachten“ sollte. „Er ward nicht vollendet – und das ist gut“, schreibt er im Jahre 1843.
Der programmatische Titel des Gedichts „Er wird nicht vollendet“ hat sich allerdings als pures Wunschdenken erwiesen. 1880 weihte der neue deutsche Kaiser Wilhelm I. den Dom ein – 623 Jahre nach Baubeginn, aber nur neun Jahre nach der Reichsgründung. Martin Hager
Markus Klein (Hrsg.): „Der Kölner Dom. Ein literarischer Führer“. Insel Verlag 1998, 149 Seiten, 16,80 DM
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