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■ Nickelodeons EndeKinder-TV lohnt nicht

Das kantige Strichmännchen läßt hemmungslos die Tränen fließen. Nickelodeon verabschiedete sich per Videotext von seinen Zuschauern: „Hallo Kids! Leider müssen wir euch mitteilen, daß Nickelodeon in Deutschland den Sendebetrieb einstellen und ab Montag nicht mehr zu sehen sein wird. Nicht traurig sein!“

Damit wurde das hartnäckigste Gerücht der deutschen TV-Branche wahr. Mutterfirma Viacom (MTV) und Minderheitsgesellschafter Ravensburger (10 Prozent) hatten zwar bis zum Schluß dementiert, doch die Anlaufverluste von geschätzten 100 bis 150 Millionen Mark sprachen für sich.

Etwas überraschend kommt der Entschluß trotzdem, denn der Trend spricht eigentlich für die reinen Kindersender: Immer mehr Vollprogramme – kürzlich ZDF, Kabel1 und Pro7 – schränken ihr Kinderprogramm ein oder schaffen es ab. Tatsächlich konnte Nickelodeon seine Kindermarktanteile zuletzt steigern. Doch während die Schwestersender in England oder USA auch von Pay-TV- oder Kabelgebühren leben, mußte Nickelodeon Deutschland (wie alle anderen Sender) für die Kabeleinspeisung bezahlen. Und die Werbeblöcke waren allenfalls Weihnachten gut gebucht.

Größter Karriereknick für den Sender aber war die Gründung des ARD/ZDF-Kinderkanals. „Gebührenfinanziertes Sendersterben“ wettert prompt Privatfunkfunktionär Jürgen Doetz. Läßt man solches Geplänkel beiseite, belegt das Aus einmal mehr das Scheitern amerikanischer TV- Konzerne in Deutschland, mit ihrem Vorgehen, US-Konzepte einfach zu importieren. Abgesehen von gelegentlichen Publikumsplaudereien war Nickelodeon unübersehbar amerikanisch geprägt. Das Ende des nächsten privaten Kindersenders ist schon vorprogrammiert. Das Programm von Super RTL, derzeit noch das erfolgreichste Kinder-TV, soll demnächst einem anderen Programmkonzept weichen, weil seine Besitzer Bertelsmann (CLT-Ufa) und Disney mit der Melange aus RTL- Wiederholungen und Disney-Zeichentrickproduktionen nur Miese machen. Disney will ohnehin auf lange Sicht einen eigenen (Pay- TV-)Sender. Tilmann P. Gangloff

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