Das Portrait
: Demokrat und Bürgerrechtler

■ Martin Lee

Die Partei von Martin Lee erhielt bei den Wahlen in Hongkong die meisten Stimmen Foto: AP

„Ich werde zurückkommen“, versprach Martin Lee vom Balkon des Hongkonger Parlaments, als er am 1. Juli 1997 auf Druck Pekings mit der Rückgabe der Kronkolonie an China sein von den Wählern ausgestelltes Mandat verlor. Am Sonntag hat Lee sein Versprechen eingelöst. Bei den Wahlen zum Legislativrat gewann der Vorsitzende der Demokratischen Partei sein Mandat zurück, seine Partei erhielt mit 46 Prozent die mit Abstand meisten Stimmen.

Die hohe Wahlbeteiligung und das Ergebnis sind laut Lee eine deutliche Botschaft an die Regierungen in Peking und Hongkong. „Die Menschen haben gesagt: Wir sind Chinesen, und wir wollen Demokratie“, so der 59jährige Bürgerrechtler. „Und natürlich hat der demokratische Triumph weitreichendere Bedeutungen für die 1,2 Milliarden Menschen in China.“ Diese erste pluralistische Wahl auf dem Boden der Volksrepublik sei „der Beginn der Demokratisierung Chinas“, der „wichtigste Tag in der Geschichte des modernen China“.

Daß Lee nicht nur an Hongkong, sondern auch an China denkt, hat früher der Führung in Peking imponiert. Sie berief den eloquenten Anwalt in ein Komitee, das die Verfassung Hongkongs für die Zeit nach der Rückgabe ausarbeiten sollte. Doch Lee ließ sich nicht das kritische Mundwerk verbieten. Er wurde schließlich aus dem Komitee ausgeschlossen, später gar als „subversiv“ gebrandmarkt. Der Katholik Lee wurde zu einem der schäfsten Kritiker der Pekinger Führung, die ihm seitdem ein Visum für die Volksrepublik verweigert.

Das ist nicht ohne Ironie für einen Mann, der immer Chinese sein wollte. Lee wurde als Sohn eines Kuomintang-Generals in der britischen Kronkolonie geboren. Sein Vater ließ die Geburt seines Kindes zwölf Jahre lang nicht registrieren, weil er keinen „britischen Sohn“ haben wollte. Auch für Lee stand es nie zur Diskussion, sich zur Sicherheit einen ausländischen Paß zu besorgen. Dabei hatte er dazu ausreichend Gelegenheit. Denn Lee studierte in Großbritannien. Im Kern ist der asketische Lee kein Radikaler, sondern ein prinzipientreuer Liberaler. Kritiker werfen ihm denn auch vor, soziale Themen zu vernachlässigen, wenn er unermüdlich mit seiner leisen Stimme vor den politischen Einschränkungen der Freiheit warnt. Sven Hansen