: Müllofen ist vorerst aus
■ Umweltverwaltung: Kein Auftrag für neue Verbrennungsanlage an Investoren: Müll fehlt
Eine zweite Müllverbrennungsanlage wird es zumindest in den nächsten Jahren nicht geben. Das Land Berlin werde „niemandem einen Auftrag erteilen, eine weitere Anlage zur thermischen Behandlung zu errichten“, hat gestern Umweltsenator Peter Strieder (SPD) erklärt. Auch werde das Land künftigen Betreibern keine Mengengarantie geben. Strieder will noch vor der Sommerpause eine entsprechende Vorlage in den Senat einbringen.
Damit endet vorläufig das Tauziehen um eine weitere Anlage für die Müllbehandlung. Als Strieder vor zwei Jahren sein Amt antrat, stoppte er in letzter Minute einen „Rahmenvertrag“ des Landes mit den Entsorgern, der diesen auf zwanzig Jahre eine Mindestlieferung von jährlich 1,2 Millionen Tonnen Müll bei festen Preisen garantiert hätte. Seitdem sind die Abfallmengen stark zurückgegangen, so daß inzwischen ein „Müllnotstand“ der anderen Art droht: Statt zuviel könnte es bald zuwenig Müll geben, um die vorhandenen Anlagen auszulasten.
Denn statt der ursprünglichen 1,2 Millionen Tonnen geht das Gutachten aus dem letztjährigen Mediationsverfahren nur noch von 960.000 Tonnen aus, für die im Jahr 2005 eine Beseitigungsart gesucht wird. Strieders Verwaltung glaubt indes, daß das Müllaufkommen noch weiter zurückgehen wird. Beim Gewerbemüll zum Beispiel zeige sich bereits jetzt die Tendenz, daß immer mehr nicht zur Entsorgung bei der Stadtreinigung (BSR) lande, sondern zur „Verwertung“ ins Umland gekarrt werde – womit der BSR die Müllgebühren verlorengehen. Wenn sich diese Tendenz auf breiter Basis fortsetze, so Strieder, könne man im Jahr 2005 eine Menge erreichen, die durch die Müllverbrennungsanlage in Ruhleben und die Auffüllung der Deponien im Berliner Umland gedeckt werde. „Es erscheint uns nicht ratsam, jetzt eine Verbrennungsanlage für einige hundert Millionen Mark zu planen“, so Strieder.
BSR und Bewag sind mit ihren Vorstellungen für Anlagen in Neukölln beziehungsweise in Lichtenberg weit fortgeschritten. BSR- Sprecherin Sabine Thümler betont, man werde am Aufsichtsratsbeschluß festhalten, die Thermoselect-Anlage in Neukölln zu planen. „Außerdem sind wir dabei, zehn Varianten für die Behandlung des Restmülls in 2005 zu erstellen, was Strieder erst im April in Auftrag gegeben hat“, wundert sich Thümler. Einen drastischen Rückgang sieht sie nicht. Bernhard Pötter
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