: Was die „Welt“ kostet und die „Bild“ bringt
■ Der Springer Verlag will nun endlich ein internationaler Medienkonzern werden
August Fischer, den alle nur „Gus“ nennen, weil er so angloesk auftritt, kriegt sich kaum mehr ein, wenn er mal so richtig schwärmt: „Der britische Zeitungsmarkt ist der beste in Europa“, sagt er mit leuchtenden Augen, „wenn nicht auf der Welt“. Zu gern wäre er in England der letzte Verleger einer guten Zeitung, „da könnte ich die nächsten 50 bis 100 Jahre noch gutes Geld verdienen.“
Fischer ist nur Vorstandschef des Springer Verlages. Eigentlich auch nichts Schlechtes. Denn auch Springer verdient gutes Geld und gestern konnte es „Gus“ in Berlin der Welt erzählen: Der Jahresüberschuß stieg 1997 (bei einem Umsatz von knapp 4,6 Milliarden Mark) auf 211 Millionen Mark. 30 Prozent mehr als 1996!
Die Bilanz, die der Springer- Chef gestern vorlegte, ist jedoch nicht sein Werk, sondern eine Art Hommage an seinen geschaßten Vorgänger: In den letzten vier Jahren hatte der rigide Kostenmanager Jürgen Richter den Unternehmenswert fast verdreifacht, bevor ihn die Hauptaktionäre Leo Kirch und Verlegererbin Friede Springer in die Wüste schickten und Kirch mit Fischer den einstigen Topmanager des in Britannien aktiven Medienriesen Rupert Murdoch holte. Auf den britischen Markt wurde Fischer gestern immer wieder angesprochen. Schließlich pokert er in Britannien um die Übernahme der Mirror-Group, eines einst linksliberalen Zeitungsimperiums. Die Journalisten fragten vergebens. Einem britischen Wirtschaftsjournalisten, der sich erdreistete, nach Details zu fragen, versuchten die Saaldiener gar das Mikro zu entwinden. „Keine weiteren Aussagen“, sagte Fischer.
Trotz guter Zahlen hat Springer einen ganzen Strauß von Problemen: erstens das Ausland. Das Verlagsgeschäft lohnt sich nämlich erst richtig, wenn man Konzepte und Anzeigenverkauf europa- oder weltweit transferiert, zumal der deutsche Printmarkt nur noch leicht wächst. Doch bislang macht das Haus über 80 Prozent seines Umsatzes im Inland, während der Branchen-Erste Gruner + Jahr zwei Drittel im Ausland einnimmt. Nun will Fischer gezielt im Ausland einkaufen.
Das zweite Problem ist die Printlastigkeit. Den größten Teil seines Geldes verdient Springer nach wie vor mit der Geldmaschine Bild, dazu ganz hübsch mit Bild/Welt am Sonntag und Computer-Bild. Traditionstitel wie Hörzu verlieren weiter an Lesern, die Welt verliert an Geld (geschätzt ca. 70 Millionen). Bei der einzigen Fernsehbeteiligung Sat.1 ist ebenso nur ein dickes Defizit zu verzeichnen. Kasse macht da nach wie vor nur Leo Kirch. Die Lösung klingt eher ein bißchen hilflos: Fischer will nun Talkshows und Infosendungen produzieren, zuerst „langsam“ und nur für Sat.1. Er macht die Infos, sagt Fischer, Kirch liefert weiter die Filme.
Bei allen Schwärmereien von England hat der Springer-Chef übrigens auch seinen einstigen Boß nicht vergessen, den er auch vor der Weltpresse zärtlich „Rupert“ nennt. Dem wird nachgesagt, daß er sich in Springer langfristig durchaus reinkaufen will. Zumal der finanziell schwächelnde Leo Kirch demnächst vielleicht ein paar Beteiligungen verkaufen muß. Lutz Meier
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