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■ H.G. HolleinNebenbuhler

Die Frau, mit der ich lebe, hat einen Verehrer. Das ist einerseits schmeichelhaft. Andererseits einfach unerhört. Die Frage ist nur, wie wehrt man solch unerwünschter Konkurrenz. Selige Zeiten, als es noch ausreichte, dem Schnösel einen Stulpenhandschuh aus gelbgefärbten Rehleder lässig über die Visage zu ziehen, um ihm dann d'Artagnanesk das wohlgeschmiedete Rapier durch den Wanst zu rennen. Oder ihm morgens um sechs im Jenischpark die Kugel anzutragen: Piff-Paff, und schon ist der Nebenbuhler vom Tisch. Ungünstigstenfalls landet er eben auf dem Tisch und unsereins verbrächte ein paar Monate Festungs- oder Ehrenhaft im Kreise Gleichgesinnter. Mir scheint überhaupt das Duell als gesellschaftliche Impulskraft einiger Überlegungen wert. Waffenschmiede und Büchsenmacher könnten – finanziert durch die Ausgabe von „D-Aktien“ – den Arbeitsmarkt beleben, im akademischen Bereich ließen sich durch gezielte Förderung Forschung und Lehre dem treffsicheren Nachwuchs öffnen. Selbst die Grünen hätten wieder eine echte Aufgabe: Gleichstellung nicht-satisfaktionsfähiger Minderheiten wäre allemal ein hehres Ziel. Und ein von den politischen Freunden gekränkter Politiker müßte nicht – wie Henning Voscherau – in seinem Winkel schmollen, sondern könnte bis zum nächsten Gang an die Urne die parteiinternen Stolpersteine in dieselbe schicken. Obwohl – als Notar hätte er in dieser Hinsicht wohl Hemmungen. Das zwischenmenschliche Miteinander wäre aber insgesamt – könnte ich mir vorstellen – von vorsichtigem Respekt geprägt. Andererseits – könnte ich mir auch vorstellen – einem holstenbüchsen-bewehrten, pöbelnden Jungproll in der U-Bahn mit den Worten „Sie haben mich fixiert, mein Herr“ entgegenzutreten, käme vielleicht nicht so gut. Die Lösung für mein Ausgangsproblem wird wohl doch eher darin liegen, der Gefährtin in festen Worten mitzuteilen, daß ich ihren Umgang mit diesem eitlen Laffen aufs Entschiedentste mißbillige.

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