: Rolls Royce wird tatsächlich niedersächsisch
■ Vickers-Aktionäre entscheiden sich für Kaufangebot von VW. Konkurrent BMW sagt: „Wir betrachten uns nicht als Verlierer“ und will nun keine Rolls-Royce-Motoren mehr liefern
Berlin (taz) – Das monatelange Pokern von VW und BMW um die britische Nobelmarke Rolls Royce ist vorbei. Die Aktionäre des bisherigen Mutterkonzerns Vickers gaben gestern auf ihrer Hauptversammlung VW den Zuschlag: Für rund 1,25 Milliarden Mark wird Rolls Royce Motor Cars demnächst zum Volkswagen-Konzern gehören.
Eine Gruppe von britischen und amerikanischen Rolls-Royce-begeisterten Investoren – die unter dem Namen Crewe Motors auftrat – brachte allerdings noch einmal Dramatik in die Abstimmung. Nachdem die Aktionäre das BMW-Angebot, das etwa 250 Millionen Mark unter dem von VW gelegen hatte, abgelehnt hatten, legte Crewe Motors das Angebot zur Prüfung vor, über das in den letzten Tagen so heftig spekuliert worden war. Mit angeblich 1,5 Milliarden Mark wollten sie ihre Losung „Keep Rolls British“ wahr machen. Nach einer kurzen Unterbrechung verwarf der Vickers- Vorstand das Angebot dann als nicht glaubwürdig. In der folgenden Abstimmung bekam das VW- Angebot dann vor allem von den institutionellen Anlegeren wie Investmentfonds viele Stimmen.
In der BMW-Zentrale in München gab man sich jedoch gelassen. „Wir betrachten uns nicht als Verlierer“, sagte BMW-Sprecher Jürg Dinner. Man werde nun eben ein eigenes Luxusmodell in der Preisklasse zwischen 200.000 und 400.000 Mark auf den Markt bringen. „Unser Angebot war das einzige, das eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Rolls Royce garantieren kann“, erklärte Dinner. VW habe schließlich bisher nicht erklärt, wie es die Motoren einiger Rolls-Royce- und Bentley- Modelle, die BMW bisher liefert, ersetzen wolle. Das bedeutet im Klartext: BMW wird seine Drohung wahr machen und den Bau der Motoren stoppen.
„Niemand kann allen Ernstes erwarten, daß wir einem Wettbewerber wie VW auch noch unser technisches Know-how zukommen lassen“, begründete Dinner die Position von BMW. In Erwartung des Abstimmungsergebnisses hat sich der VW-Konzern allerdings für diesen Fall gewappnet. Am Mittwoch gaben die Wolfsburger bekannt, den britischen Motorenbauer Cosworth, der ebenfalls zu Vickers gehört, zu übernehmen. Dafür wollten sie noch einmal rund 320 Millionen Mark auf den Tisch legen.
In Branchenkreisen wird aber bezweifelt, ob Cosworth den Ausfall der BMW-Motoren auffangen kann. Nach Analystenmeinung sollen die Wachstumsaussichten von Cosworth eher mäßig sein. Zumindest könnte VW-Chef Ferdinand Piäch bald seine Formel-1- Träume wahr machen, denn Cosworth produziert bereits Formel-1- Motoren für Tyrell, einen in den 70ern erfolgreichen Rennstall.
Unklar ist, was nun mit dem Markennamen Rolls Royce geschieht. Denn die Rechte daran liegen nicht beim Autobauer Rolls Royce Motor Cars, sondern beim Triebwerkhersteller Rolls Royce plc. Beide Unternehmen waren 1971 aus der Spaltung des alten Rolls-Royce-Unternehmens hervorgegangen. Der Haken für VW dabei ist: BMW ist über ein Joint- venture schon seit Jahren mit Rolls Royce plc verbandelt. Vickers hat inzwischen die EU-Kommission angerufen, die Rechte zu klären. nbo
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