piwik no script img

Eschenbach legt los

■ Der zukünftige Chef der NDR-Sinfoniker in der Musikhalle

In der Generalpause steht Christoph Eschenbach mit ausgebreiteten Armen da, als habe er selbst im Duell den Dolchstoß erhalten. Ein Akkord würde genügen, um Richard Strauss' Don Juan zu einem harmonischen Ende zu führen. Nicht das kleinste Räuspern ist zu hören. Das sichere Zeichen, daß es der Dirigent geschafft hat, die Spannung der Musik über das Orchester auf das Publikum zu übertragen. Dann ein leichtes Nicken des Taktstocks, und das Stück endet piano, das Sterben des spanischen Verführers nachzeichnend.

Gestern vormittag leitete Eschenbach, der ab September die Leitung des NDR-Sinfonieorchesters übernimmt, quasi als Generalprobe des Engagements sein neues Unternehmen. Der in Hamburg am Klavier und als Dirigent ausgebildete Musiker setzte dabei eher auf ein für ihn untypisches Programm, sieht er doch nach Selbstauskunft als Schwerpunkte für die kommende Arbeit „Frühklassik, Mahler und die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts“. Statt dessen präsentierte er in der Musikhalle neben Strauss Antonín Dvoráks Sinfonie Nr. 7 und – als Reminiszenz an seine zehnjährige Arbeit in den USA – Leonard Bernsteins Serenade nach Platons „Symposion“.

Deutlich war aber bereits der Einfluß des Dirigenten zu spüren. Die Transparenz in den Streichern und zwischen den einzelnen Instrumentengruppen, die klare Unterscheidung zwischen lyrischen und kraftvollen Stellen entsprachen schon den Vorschußlorbeeren. Die schwankende Qualität in der Aufführung – stark der Don Juan, weniger sicher die Bernstein-Sere-nade – zeigten jedoch deutlich, daß es noch einiger Mühe bedarf, um das erklärte Ziel zu erreichen: aus den Sinfonikern ein Orchester von Weltruf zu machen.

Eberhard Spohd

noch heute und morgen, 20 Uhr, Musikhalle. Außerdem überträgt NDR 3 das Konzert heute abend live.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen