Schäferstündchen beim Bund

■ 15 Junghammel gelobten beim öffentlichen Schafsgelöbnis, "dem Staat der Schafsköpfe treu zu dienen". Im Gegenzug wurde ihnen eine "Ost-Erweiterung der Weideflächen" in Aussicht gestellt

Es roch streng vor dem Roten Rathaus. Doch zu sehen oder hören war nichts vom Regierenden Bürgermeister, obwohl er zu einem „absoluten Spektakel“ direkt vor seinem Amtssitz begrüßt wurde. Nach sechswöchiger Grundausbildung samt Bockspringen war am Samstag mittag eine ganz besondere Truppe ausgewählter Rekruten aus Ost und West angetreten, vier Tage vor dem Bundeswehrgelöbnis die öffentliche Eidesformel zu leisten: 15 Schafe aus 16 Bundesländern, Shetland, Milch- und Brandenburger Schafe, wurden von „Schafsjägern“ an der Leine vorgeführt. Nicht dabei: dumme Schafe. Die wären auch nicht zu gebrauchen gewesen beim „ersten Schafsgelöbnis im Universum“, zu dem Christian Herz von der Kampagne gegen Wehrpflicht die etwa 300 Zuschauer begrüßte. Vor dem Roten Rathaus, dort, „wo der Bürger Rat holt“, sollte die Würde der Schafe hervorgehoben werden, „um in Zukunft das Schäfchen ins Trockene zu bringen“.

„Schafe, wir haben Großes mit Ihnen vor“, wandte sich Ex-Tornado Arnulf Rating als quasi verlängerter Arm von „Oberschafmacher“ Verteidigungsminister Volker Rühe an die Junghammel. Mit einem kräftigen „Mäh“ gelobten sie, „dem Staat der Schafsköpfe als willige Herde treu zu dienen und das Recht und die Freiheit von Schafskopfland gegen Feinde wie dumme Ziegen, störrische Esel und wildgewordene Kühe tapfer zu verteidigen“.

Kommandant Rating versäumte die Gunst der Stunde nicht und nahm Stellung zu Bockmist in den eigenen Reihen: „Heute wird viel geredet von schwarzen Schafen in unserer Herde, die in Wirklichkeit braune Böcke sind. Dem müssen wir entgegentreten, indem wir ganz klar feststellen: Alle Schafe machen Mist.“ Schwarze Schafe kenne er ebensowenig wie braune. „Ich kenne nur Schafe, die treu zur Herde stehen.“ Auf das ängstliche Blöken der Rekruten reagierte er mit dem Versprechen, daß „die Würde des Schafes im Rahmen der Genfer Schlachtordnung unantastbar“ sei und stellte sogar eine „Ost-Erweiterung der Weidefläche“ in Aussicht. Auch nicht schlecht der Hinweis der Kampagne, daß Ähnlichkeiten zu anderen geplanten Veranstaltungen an diesem Ort rein zufälliger Natur sind.

Eine Bestätigung der richtigen Tierauswahl bekamen die Gelöbnisgegner von höchst offizieller Seite. Ein Polizist, der an einer Absperrung vor dem Roten Rathaus seinen Dienst versah und selbst drei Jahre beim Bund war, sagte der taz: „Man bekommt dort Gehorsam eingebleut wie ein blödes Schaf.“ Den Gegnern des Bundeswehrgelöbnisses räumte er nicht nur „gleiches Recht zur Darstellung“ wie der Armee ein. Er zeigte sogar Verständnis für den einen oder anderen Rekruten, für den das Gelöbnis am Mittwoch vielleicht keine Herzensangelegenheit ist. „Einige Rekruten sagen sich vielleicht auch, ich schwitz' mir hier den Arsch weg, nur weil sich die da oben darstellen wollen.“ Barbara Bollwahn