piwik no script img

Kosovo-Albanern droht weiter die Abschiebung

■ Trotz Eskalation in der südserbischen Provinz können sich die Bundesländer nicht zu einem generellen Abschiebestopp durchringen. Für morgen ist erneut ein Flug von Düsseldorf nach Priština geplant

Berlin (taz/dpa) – Die Spannungen im Kosovo seien kein Grund, einen Abschiebestopp für Kosovo- Albaner zu verfügen, sagte Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) am Wochenende. Schließlich befinde sich nicht das gesamte Land im Bürgerkrieg. 150.000 Kosovo-Albanern in Deutschland steht die Abschiebung bevor. Zwar haben die meisten Bundesländer Abschiebungen vorerst ausgesetzt. Den von Menschenrechtsorganisationen geforderten generellen Abschiebestopp erwägen sie jedoch nicht.

Ob das Flugzeug mit über 100 Kosovo-Albanern aus Nordrhein- Westfalen und Niedersachsen morgen wie geplant von Düsseldorf nach Priština fliegen wird, ist noch ungewiß. „Eine Entscheidung dagegen kann in letzter Minute fallen“, sagte Lydia Jendryschik vom Düsseldorfer Innenministerium gestern.

Bei einer telefonischen Schaltkonferenz der Innenstaatssekretäre der SPD-regierten Länder sei gestern „nichts Konkretes rausgekommen“, sagte Andreas Lehnert vom Innenministerium in Rheinland-Pfalz. Ob Kosovo-Albaner weiter abgeschoben würden, mache man von einem Bericht des Auswärtigen Amtes über die Lage im Kosovo abhängig, den mehrere Bundesländer angefordert hätten.

Zu diesen Ländern gehört auch Hessen, das die Abschiebung von Kosovo-Albanern vorläufig ausgesetzt hat. Erst auf der Grundlage des Lageberichtes werde entschieden, ob ein Abschiebestopp notwendig sei, berichtete die Sprecherin des Innenministeriums in Wiesbaden, Andrea Dobler.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein hat indessen am vergangenen Freitag beschlossen, vorerst keine Kosovo-Albaner mehr abzuschieben. Straftäter sollen allerdings weiter des Landes verwiesen werden, „vorerst nur nach Belgrad“, wie es in einer Presseerklärung heißt. Ähnlich will Baden-Württemberg vorgehen. „Wir handeln flexibel“, sagte Innenminister Frieder Birzele. Sammelabschiebungen in den Kosovo soll es vorerst nicht geben.

„Unverantwortlich“ nennt Wolfgang Grenz von der Amnesty-Zentrale in Bonn das Zögern der deutschen Innenminister. Ein genereller Abschiebestopp für Flüchtlinge sei vorerst unbedingt notwendig. Menschenrechtsverletzungen gebe es nicht nur regional, Gefahr für Leib und Leben bestehe überall im Kosovo.

Daß ein genereller Abschiebestopp für Flüchtlinge aus dem Kosovo in Deutschland nicht erwünscht sei, befürchtet Jutta Graf vom Kölner Flüchtlingsrat. In Nordrhein-Westfalen, wo derzeit 49.000 ausreisepflichtige Kosovo- Albaner leben, sei die Zahl der Abschiebungen tendenziell steigend. Habe man 1997 338 Kosovo- Albaner zurückgeschickt, seien es in diesem Jahr bislang 538 gewesen. Heike Spannagel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen